Die poetischsten Texte, die Marcos geschrieben hat – neu aufgelegt und wunderschön illustriert

Die Geschichten vom Alten Antonio

herausgegeben vom Netz der Rebellion, aus dem Spanischen übersetzt von Danuta Sacher, Annette von Schönfeld u.a., mit zahlreichen Illustrationen von Lioba Adam und Juni Zabot

ISBN: 978-3-89771-393-2
Erscheinungsdatum 14. März 2024

19,80 

»Du dachtest, der Weg sei irgendwo und deine Geräte würden uns anzeigen, wo er sei. Aber so ist es nicht. Dann dachtest du, ich wüsste wo der Weg sei, und bist mir gefolgt. Aber so ist es nicht. Ich wusste nicht, wo der Weg ist. Ich wusste nur, wir müssen gemeinsam den Weg machen. Das taten wir. So sind wir dahin gekommen, wohin wir wollten.«

In bildhaften Geschichten erzählt Subcomandante Marcos vom Alten Antonio, dem geistigen Ziehvater und ›symbolischen Gründer‹ der Ejército Zapatista de Liberación Nacional (EZLN). Übermittelte Erzählungen aus übersetzten Kommuniqués machen den Aufstand der Zapatistas am Neujahrstag 1994 und den Geist der folgenden zapatistischen Autonomie erlebbar.

Die Geschichten erfüllen eine Brückenfunktion zwischen den städtischen Intellektuellen, die in den lakandonischen Urwald zogen, und der indigenen Welt der chiapanekischen Mayas. Als die Guerilleros in die Dörfer kamen, antwortete man ihnen: »Wir verstehen euch nicht, eure Worte sind sehr hart.« An diesem Punkt greift der Alte Antonio ein. Er übersetzt das ›westliche‹ und das indigene Denken nach beiden Seiten hin, er lehrt zuzuhören und zu fragen, und er ist es, der die indigenen Elemente in die Sprache der Zapatistas einbringt.

Informationen zu der Autor*in

Subcomandante Insurgente Marcos war und ist die revolutionäre Leitfigur des zapatistischen Aufstandes, der auch als begabter Autor und Poet in aller Welt bekannt wurde. Mit viel Witz und Poesie diente er als Kommandant und selbsternannter Sprecher der Zapatistischen Befreiungsarmee (EZLN).

»Eine der genialen medienstrategischen Leistungen der zapatistischen Guerilla von Chiapas war es, den Namen ihres Sprechers Subcomandante Marcos zu einem kollektiven Namen zu machen (›Wir alle sind Marcos.‹). Damit setzten sie nicht nur die bereits in dem Titel ›Subcomandante‹ angelegte Dekonstruktion des Prinzips des Revolutions- oder Guerillaführers fort, sondern sie schufen zugleich eine neue Form des kollektiven Mythos: Die Person des realen Guerilleros bleibt ohne eine fixierbare, festgeschriebene Geschichte.
Die erkennbaren Attribute wie Skimütze und Uniform verstecken seine wahre Rolle als leeres Zeichen nicht, sondern unterstreichen sie sogar noch. Gerade weil die reale Person unscharf bleibt, kann diese Leerstelle durch zahllose Erzählungen und Legenden gefüllt werden. In diesem Prozess wurde der kollektive Mythos ›Marcos‹ zum allgegenwärtigen Träger verschiedenster Bedeutungen, zum Ausdruck und Identifikationspunkt subversiver wie sexueller Phantasien (Diese bringen die symbolische Potenz der kollektiven Person vielleicht am deutlichsten zum Ausdruck: Obwohl weder sein Gesicht noch sein Körper je zu sehen waren, wurde Marcos zum ›attraktivsten‹ Mann Mexikos gewählt). Schließlich konnten Zehntausende mit dem Ruf ›Auch wir sind Marcos‹ durch die Straßen von Mexico City ziehen und sich damit in machtvoller Weise politisch artikulieren.
Der Mythos von ›EI Sub‹ unterscheidet sich dabei deutlich von dem eines individuellen Helden wie Che Guevara: eine Aussage wie ›Auch ich bin Che Guevara‹ wäre einfach blödsinnig. Die Herrschenden in Mexiko haben übrigens die Funktionsweise des kollektiven Mythos und der damit verbundenen magischen Praxen sehr genau verstanden. Das zeigen ihre verzweifelten (und erfolglosen) Bemühungen, das hinter dem Namen Marcos ›in Wirklichkeit‹ stehende Individuum ausfindig zu machen, sein Gesicht zu zeigen und ihn so vom kollektiven Mythos zum bürgerlichen Individuum zu reduzieren.
« – aus: autonome a.f.r.i.k.a. gruppe: Handbuch der Kommunikationsguerilla, Berlin, Hamburg, Göttingen: Assoziation A, 1997 / http://www.republicart.net

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