»Mit dem zuerst 1997 publizierten Werk Grenzenlos und unverschämt werden die wissenschaftlichen Arbeiten der Dichterin und ghanaisch-deutschen Aktivistin May Ayim in die zeitgenössische deutsche Öffentlichkeit eingebracht. Die Initiative von Josephine Apraku anlässlich des 60. Geburtstags Ayims, die im 36. Lebensjahr infolge einer schweren Depression Selbstmord beging, versteht sich als ein Beitrag zur Thematisierung der rassistischen Diskriminierung vor und nach der deutschen Wiedervereinigung: Das Buch bietet einen Einblick in die Manifestationsformen des institutionellen und strukturellen Rassismus im vereinten Deutschland, die bis jetzt an gesellschaftlicher Brisanz nichts eingebüßt haben.
»Mit dem zuerst 1997 publizierten Werk Grenzenlos und unverschämt werden die wissenschaftlichen Arbeiten der Dichterin und ghanaisch-deutschen Aktivistin May Ayim in die zeitgenössische deutsche Öffentlichkeit eingebracht. Die Initiative von Josephine Apraku anlässlich des 60. Geburtstags Ayims, die im 36. Lebensjahr infolge einer schweren Depression Selbstmord beging, versteht sich als ein Beitrag zur Thematisierung der rassistischen Diskriminierung vor und nach der deutschen Wiedervereinigung: Das Buch bietet einen Einblick in die Manifestationsformen des institutionellen und strukturellen Rassismus im vereinten Deutschland, die bis jetzt an gesellschaftlicher Brisanz nichts eingebüßt haben.
Das Buch beinhaltet dreizehn Kapitel, die zentrale Texte aus May Ayims wissenschaftlicher und literarischer Arbeit sowie aus Interviews, Lesungen und Vorträgen präsentieren. Die zusammengestellten Beiträge geben einen exemplarischen Überblick über die Forschungsbereiche und thematischen Schwerpunkte Ayims. Folgerichtig bilden Themen wie Rassismus, Ethnozentrismus und Geschlechterstereotype, Heimat und Fremdheit den Gegenstand des Buchs. Es wird gerahmt durch ein Vorwort von Josephine Apraku und das biografische Essay der Journalistin Silke Mertins, das den Titel eines der Lyrikbände Ayims trägt: Blues in Schwarzweiss.
Die ersten zwei Kapitel des Buchs rücken Kindheitserlebnisse May Ayims in den Vordergrund, wobei sich das Augenmerk auf die Andersheit des ›Mischlingskind[s]‹ (S. 13) und die Frage nach Zugehörigkeit richtet. Das Gefühl von Zerrissenheit zwischen Dazugehören und Nichtdazugehören‹ (S. 10) lässt sich darauf zurückführen, dass May Ayim als ghanaisches Kind von einer deutschen Pflegefamilie aufgezogen worden ist, die ein rassistisches Vokabular und körperliche Gewalt benutzten. Darüber hinaus akzentuiert sich das Gefühl des ‚Nichtdazugehörens‘ durch den Druck, sich als Kind und später als Jugendliche konsequent rechtfertigen zu müssen, dass sie Deutsche ist. In den autobiografischen Essays nimmt Ayim Bezug auf die rassistische Sozialisation in Schulen und den unreflektierten Umgang mit der deutschen Sprache, die lexikalisch-rassistisch strukturiert war und ist. So stellt sie heraus, dass Erzählungen und Spiele, die rassistische Stereotype über Afrikaner wachrufen, zum Curriculum gehörten. Das rassistische Vokabular speist sich mit Blick auf die afrikanischen Kulturen aus ethnologischen Termini wie z. B. ›Eingeborene‹, ›Menschenfresser‹ oder ›Wilde‹. Als Beispiele werden das Spiel ›Wer hat Angst vorm schwarzem Mann‹ und das Kinderbuch die ›Zehn kleinen N…lein‹ (S. 11) angeführt. Damit macht die Autorin deutlich, dass die Sprache eine zentrale Rolle bei der Konstruktion von Wahrnehmungsmustern des Eigenen und Fremden spielt und sich unser soziales Handeln aus den eigenen kulturellen Wahrnehmungsmustern herausschält. Die eigenen rassistischen Erfahrungen verleihen Ayim den Impetus, sich geistesgeschichtlich mit Rassismus auseinanderzusetzen […]« – Roxana Lisaru, GENDER 1/2023