»Im Kapitalismus ist es weder alleine damit getan, etwas mehr Geld – wohl eher Sachleistungen – zu erhalten, noch damit, in einer kulturbeflissenen Umgebung aufzuwachsen. Nicht alle können es schaffen, und Klassismus als Begriff hilft, das zu verstehen. Es wäre (einmal mehr) an der Zeit, die Praxis der sozialen wie der politischen Arbeit mit dieser Erkenntnis zu aktualisieren: Obwohl viele linke Aktivistinnen Ungleichheit soziologisch und ökonomisch erklären können, ist man auch unter ihnen ohne Arbeit ›unnormal‹, schreibt Lena Hennes. Ausschluss und Stigmatisierung begegnen einem nicht nur im Jobcenter, sondern ebenso in der Linken, so eine der schmerzhaften Hauptaussagen im Sammelband Solidarisch gegen Klassismus. Fehlende materielle Ressourcen verunmöglichen manchen, immer ›politisch aktiv‹ zu sein. […] Eine weitere Stärke von Solidarisch gegen Klassismus sind die Einblicke in Selbstermächtigung und praktischen Widerstand. Die Erwerbsloseninitiative Basta! aus Berlin erklärt etwa die Notwendigkeit, sich Zeit für ›interne Solidarität‹ zu nehmen und existenzielle Sorgen ›von der politischen Arbeit nicht [zu] entkoppeln‹. Charlotte Hitzfelder und Nadine Kaufmann berichten von einem anonymen Solidaritätskonto im Konzeptwerk Neue Ökonomie.« – Hannah Eberle, Tagebuch, 31. März 2021