Edition DISS Band 18
Ab 22.4.08 lieferbar!
Religion und Glaube spielen in der völkisch-nationalistischen Wochenzeitung Junge Freiheit eine zentrale Rolle. Dadurch werden Bilder von Juden und Judentum vermittelt, die längst vergessen schienen.
Diese Bilder, ihre Verknüpfungen und Bezüge tradieren einen christlichen Antisemitismus und ein Verhältnis zum Christentum, das sich durch ein Zusammenspiel von christlich-fundamentalistischen Themen und völkischem Nationalismus auszeichnet. Die in der Jungen Freiheit vermittelten Bilder von Juden und Judentum belegen gleichzeitig, dass Antijudaismus eine immer noch aktuelle Form der Judenfeindschaft ist, und dass dieser christliche Antisemitismus mit Strategien des modernen und sekundären Antisemitismus verschränkt und gekoppelt ist.
Die diskursanalytische Studie richtet sich nach den zentralen Themen dieser Diskurse. Dazu gehören z.B. die Rede des damaligen Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann von 2003, in der er mit antisemitischen Argumenten die Shoa zu relativieren versuchte, die Diskussionen um den Film »Die Passion Christi« von Mel Gibson sowie die Debatte um das Buch »Die katholische Kirche und der Holocaust« von Daniel Jonah Goldhagen.
Aus dem Inhalt
1. Zur kritischen Diskursanalyse und zur Wochenzeitung Junge Freiheit
2. Erläuterung der Arbeitsbegriffe: Antisemitismus, Antijudaismus, katholischer Traditionalismus und protestantischer Fundamentalismus
3. Christliche Bilder von Jüdinnen und Juden in der Jungen Freiheit: Analysen der zentralen Themen des Diskurses: Das Zweite Vatikanische Konzil und seine Folgen, die Entmythologisierungstheologie, die Abtreibungsdebatte, die Rolle des Vatikan im Nationalsozialismus, die Hohmann-Rede und die Diskussion um die christliche Nation.
4. »Die Passion Christi« – ein christlicher Film als diskursives Ereignis: Analyse eines exemplarischen Artikels zum Hollywood – Film »Die Passion Christi« von Mel Gibson
5. Der ›Verfall der christlichen Kultur‹: Analyse eines exemplarischen Artikels zum Thema: Dekadenz, Kampf der Kulturen/Kampf der Religionen.
6. Die Junge Freiheit, der Antisemitismus, das Christentum und die Nation. Wie die Wochenzeitung über christliche Themen Antisemitismus und völkischen Nationalismus vermittelt.
Auszug aus dem Inhalt:
[…]
Auschwitz steht der Jungen Freiheit und ihrem völkisch-nationalistischen Projekt im Wege. Eine neue Religion, eine säkulare Religion habe sich etabliert, die nicht nur das Projekt der Nation, sondern auch das Christentum gefährde, so ist es in der Jungen Freiheit zu lesen. Der Religionsdiskurs ist in dieser Zeitung zentral. Durch ihn werden Bilder von JüdInnen und Judentum vermittelt, die längst vergessen zu sein schienen. Und er ist auch Beleg dafür, dass der Diskurs des Antijudaismus nicht versiegt ist, dass er nicht durch moderne Formen des Antisemitismus vollständig verdrängt wurde. Diese Bilder, ihre Verknüpfungen und Bezüge, die Tradierungen des christlichen Antisemitismus im ›neurechten‹ Projekt Junge Freiheit, das Verhältnis dieser Zeitung zur christlichen Religion, das Zusammenspiel von christlichen Themen und völkischem Nationalismus sind Gegenstände dieses Buches.
Antisemitismus ist keineswegs ein Phänomen, das sich allein im politisch rechten Spektrum antreffen lässt. Antisemitische Bilder ziehen sich durch die gesamte Gesellschaft. Das Christentum und mit ihm die Geschichte des Abendlandes birgt eine lange Tradition des Antijudaismus, dessen Topiken – auch wenn nach 1945 in den christlichen Kirchen langsam ein Umdenken einsetzte – noch heute wirken. Wirken können, weil sie immer wieder aufgegriffen, immer wieder aktualisiert werden.
Und dennoch: Wenn Antisemitismus überhaupt im Zusammenhang mit der extremen Rechten als eigenständiges Thema erörtert wird, spielt die Frage nach seiner christlichen Tradierung meist keine Rolle. Auch das Verhältnis der extremen Rechten zu christlichen Kirchen ist weitestgehend unerforscht. Stattdessen wird immer wieder unterstellt, dass der Nationalsozialismus ›gottlos‹ gewesen sei, ebenso wie die aktuelle extreme Rechte durchgängig heidnisch argumentiere. Nimmt man jedoch die diversen Publikationen dieses Spektrums tatsächlich einmal zur Hand, erweist sich die vorgebrachte These als nicht haltbar.
Vielmehr zeigt sich, dass innerhalb der extremen Rechten von einem Spannungsverhältnis von Konkurrenz und Kooperation zwischen bekennenden ChristInnen und VertreterInnen eines europäischen Heidentums ausgegangen werden muss. Dieses Spannungsverhältnis ist am deutlichsten in der Jungen Freiheit (JF) – eine der wichtigsten regelmäßig erscheinenden deutschsprachigen Publikationen ›neurechter‹ Couleur – zu beobachten.
Dort findet sich neben neopaganen AutorInnen ein Kreis von PublizistInnen, die den völkischen Nationalismus christlich oder das Christentum völkisch nationalistisch lesen und über das Themenfeld Religion beständig antisemitische Stereotype hervorbringen.
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Weitere Informationen
” (…) Zur Strategie von rechts gehört, die Grenze zwischen konservativ und rechts zu verwischen und die rechtspopulistische Grundströmung auszunutzen. So macht es etwa die Jungen Freiheit, eine rechte Zeitung, die christlichem Antisemitismus ein Forum bietet. Regina Wamper ist dazu eine hervorragende Untersuchung gelungen, die zugleich die Diskussion über Religion in der Szene aufdeckt. Umso wichtiger ist es, Christ und gegen rechts zu sein.” Norbert Copray: “Die rechte Szene hat Erfolg. Ihr Gedankengut reicht bis in die Mitte der Gesellschaft”, Publik-Forum 58 Nr. 12 – 2008