Silvia Rivera Cusicanqui entwickelt in drei Essays eine neue, radikal dekoloniale Perspektive auf die bolivianische Gesellschaft.
Im ersten Essay schließt sie ausgehend von den Kämpfen 2000–2005 auf die indigenen Aufstände von 1781, die sie dem indigenen, spiralförmigen Zeitverständnis folgend verbindet.
Im zweiten Essay entwickelt sie anhand der Interpretation der Zeichnungen des Chronisten Wuman Puma de Ayala aus dem 17. Jahrhundert eine ›Sociología de la imagen‹, eine Bildsoziologie. Sie macht klar, wie die Kolonisierung und die Übernahme der Kolonialsprache die Interpretation der Welt und das eigene Denk- und Wertesystem verändert hat und soziale Missstände so nicht mehr denk- und ansprechbar sind. Bilder und deren Interpretation ermöglichen eine alternative Betrachtung der Verhältnisse und beinhalten dadurch enormes emanzipatives Potenzial.
Im dritten Teil setzt sich Cusicanqui mit der Geschichte der vermeintlichen ›Inklusion‹ indigener Menschen auseinander und übt Kritik an gängigen Theorien wie dem Multikulturalismus, aber auch der Dekolonisierungstheorie. Beide sind nicht nur durchzogen von elitären Strukturen und Teil eines internen Kolonialismus, sondern auch unfähig, von der Theorie in eine dekoloniale Praxis überzuleiten. Auf den letzten Seiten umreißt die Autorin das Konzept des Ch’ixi, vereinfacht gesprochen, die Anwesenheit zweier Komponenten, die sich vermischen, ohne sich dabei aufzulösen.
Ergänzt wird das Buch durch Cusicanquis umfangreichen und bislang ebenfalls unveröffentlichten Artikel »Der Rechtediskurs und die Paradoxe postkolonialer Moderne«.
»Auf eine erfrischende Weise reflektiert Silvia Rivera Cusicanqui aktuelle Praktiken und Diskurse der Dekolonisierung.« – Robert Swoboda, Lateinamerika Nachrichten