Das Eindringen völkischer Ideologie in die „Mitte“ der Gesellschaft

Völkische Bande

Dekadenz und Wiedergeburt – Analysen rechter Ideologie
ISBN: 978-3-89771-737-4
254 Seiten, softcover

18,00 

Edition DISS Bd. 8
Das Interesse, sich kritisch mit Entwicklung, Struktur und Erscheinungsformen völkischen Denkens auseinanderzusetzen, ist in den letzten Jahren sichtlich gewachsen.
Diese „Konjunktur“ ist in einem erheblichen Maße als Reaktion auf die Renaissance rechtsextremistischer und rechtspopulistischer Parteien in Deutschland und Europa seit den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts und auf das Eindringen völkischer Ideologie in die „Mitte“ der Gesellschaft zu verstehen. Auch wenn die Erfolgsbilanz dieses Denkens im europäischen Vergleich insgesamt gesehen recht unterschiedlich ausfallen mag, so ist der Trend einer wachsenden Einflussnahme auf das politische System einzelner europäischer Staaten ungebrochen. Gleichermaßen ernst zu nehmen sind die Versuche der so genannten Neuen Rechten, ihr völkisch-nationalistisches Weltbild im Denken und Fühlen der Menschen zu verankern und die öffentliche Meinung mittels einer metapolitischen Strategie nach rechts zu verschieben.
Völkisches Denken gewinnt an Bedeutung und Massenwirksamkeit in Zeiten des gesellschaftlichen Umbruchs, in denen sich ökonomische, soziale, politische und kulturelle Krisenphänomene verstärken und von interessierter Seite ideologisch zu „Schicksalsfragen“ der Nation überhöht werden. Dabei lässt sich ein Zusammenspiel von Tradition und Transformation feststellen: Der traditionsstiftende Rückgriff auf klassische Texte völkischen Denkens ist verbunden mit ihrem Zuschnitt auf aktuelle innen- und außenpolitische Konstellationen. Neue Problemstellungen werden verarbeitet, neue Ideenkomplexe amalgamiert und neue Feindbestimmungen fixiert. So unterliegt völkisches Denken bei allen sich durchhaltenden Ideologieelementen erheblichen Transformationen, die es zu analysieren gilt.
Mit dem Band soll ein Beitrag zur Analyse völkischen Denkens und aktueller völkischer Bewegungen geleistet werden. Dabei wird Begriff des Völkischen in einem weiten Sinne aufgefasst und nicht allein auf die „völkische Bewegung“ bzw. die von den Nationalsozialisten propagierte „völkische Weltanschauung“ bezogen. Auch der Weimarer Jungkonservatismus beispielsweise weist eine völkische Grundierung auf. Die Beiträge schlagen programmatische und biographische Brücken: zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Deutschland und Europa, so dass das Wechselspiel zwischen Tradition und Transformation deutlich werden kann.

Aus dem Inhalt

Heiko Kauffmann/Helmut Kellershohn/Jobst Paul
Völkische Bande.
Dekadenz und Wiedergeburt:
Komponenten des Faschismus
Roger Griffin
Völkischer Nationalismus als Wegbereiter
und Fortsetzer des Faschismus:
Ein angelsächsischer Blick auf ein nicht nur deutsches Phänomen
Kurt Lenk
Das Problem der Dekadenz
seit Georges Sorel

Zwischen Tradition und Transformation
Helmut Kellershohn
Zwischen Wissenschaft und Mythos
Einige Anmerkungen zu Armin Mohlers „Konservative Revolution“
Volker Weiß
Dostojewskijs Dämonen
Thomas Mann, Dmitri Mereschkowski und Arthur Moeller van den Bruck im Kampf gegen „den Westen“
Ulrich Prehn
Die wechselnden Gesichter eines „Europa der Völker“ im 20. Jahrhundert
Ethnopolitische Vorstellungen bei Max Hildebert Boehm, Eugen Lemberg und Guy Héraud

Rechtsaussen und die Mitte
Stefanie Mayer
“Totes Unrecht“?
Die „Beneš-Dekrete“ im medialen Diskurs – zwischen völkischem Denken und kritisch-wissenschaftlicher Aufarbeitung
Moshe Zuckermann
Die Ideologie der israelischen Rechten
Martin Dietzsch
Zur jüngsten Entwicklung der NPD
Heiko Kauffmann
Zuwanderung im Schatten der Sicherheit
Flüchtlingsschutz zwischen Völkerrecht und Anti-Terror-Krieg
Marei Pelzer
Reformruine Zuwanderungsgesetz:
moderne Fassade – marode Substanz.
Mit dem Zuwanderungsgesetz zurück zum Ausländerpolizeirecht
Ute Kurzbein
Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und
ihre tödlichen Folgen (1993 bis 2004)

Dokumentation der Antirassistischen Initiative Berlin

Presse
“Der Sammelband Völkische Bande schlägt eine gelungene Brücke zwischen Theorie und Praxis, angefangen bei Überlegungen zum Faschismusbegriff, endend beim aktuellen Zuwanderungsgesetz und der bundesdeutschen Flüchtlingspolitik. Er skizziert zudem eindrucksvoll die Virulenz völkischen Denkens vom extrem rechten Rand bis in den gesellschaftlichen Mainstream hinein. Gleichzeitig wird überdeutlich, dass einer weiteren Etablierung dieses Denkens nachhaltig entgegengetreten werden muss.” Ralph Kummer, redok 11/05 Die ganz Rezension lesen

Informationen zu der Autor*in

Heiko Kauffmann, Pädagoge und Sozialwissenschaftler, Mitbegründer und Vorstandsmitglied von PRO ASYL und Sprecher von PRO ASYL 1994 bis 2002, Träger des Aachener Friedenspreises 2001, Träger des Deutschen Kinderrechtspreises „Blauer Elefant“ 2001, Arbeitsschwerpunkte: Friedens- und Asylpolitik

Informationen zu der Autor*in

Helmut Kellershohn studierte Geschichte und Katholische Religion in Bonn und unterrichtete bis zur Pensionierung an einem Gymnasium in Moers. Er ist Gründungs- und Beiratsmitglied des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS) und Mitarbeiter im AK Rechts. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Neuen Rechten, insbesondere zur Jungen Freiheit und zum Institut für Staatspolitik, zum Neokonservativismus und völkischen Nationalismus.

Informationen zu der Autor*in

Jobst Paul ist promovierter Sprach- und Literaturwissenschaftler und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS). Seine Arbeitsschwerpunkte sind die ideologischen Grundlagen westlicher Ausgrenzungskonstrukte. Er veröffentlichte Bücher und zahlreiche Aufsätze zur Ethik, u.a. zum Menschenbild in den Biowissenschaften. 2005/06 leitete er das Forschungsprojekt ›Staat, Nation, Gesellschaft‹, das sich mit den gesellschaftspolitischen Interventionen der deutsch-jüdischen Publizistik im 19. Jahrhundert beschäftigte. Derzeit koordiniert er das Editionsprojekt ›Deutsch-jüdische Autoren des 19. Jahrhunderts. Schriften zu Staat, Nation, Gesellschaft‹.