Am 2.11.1987 ereignete sich ein Novum in der Geschichte sozialer Bewegungen: Im Verlauf einer Nachtaktion am Frankfurter Flughafen, an der sich ca. 400 StartbahngegnerInnen beteiligten, wurden tödliche Schüsse auf Polizeibeamte abgegeben.
Die dokumentarische Erzählung basiert auf über 15 geführten Interviews mit damals Beteiligten. Im Zentrum der Erzählung steht die Rekonstruktion dieser nächtlichen Demonstration: Die LeserInnen begleiten die ProtagonistInnen durch den Wald, an die Startbahn, zurück nach Hause, ins Polizeigewahrsam, zum Verhör – eingeholt von Ereignissen, die ihr bisheriges Leben gewaltig ins Wanken brachten (Hüttendorfräumung/1981, Tod von Günther Saré/1985, Tschernobyl/1986, Strommastaktionen/1986, Demonstration gegen die Plutoniumfabriken Alkem-Nukem in Hanau/1986).
Auch wenn die Auseinandersetzung um die ›Startbahn West‹ im Mittelpunkt dieser Erzählung steht, so ist es auch ein Buch über die 1980er Jahre, eine Synthese aus ›68‹ und dem ›Deutschen Herbst‹ 1976/77.
Unbeabsichtigt geriet das Buch bei Erscheinen in das 40-Jahre Jubiläum der ›68er‹. Die Ausdeutungsschlacht, was uns ›68‹ gebracht haben könnte, wogte hin und her. Die konservative Variante hielt ›68‹ für die Brutstätte aller (staatsfeindlichen) Gewalt und konstatiert seitdem den Verfall aller (christlichen, familiären, moralischen und sexuellen) Werte. Die moderne Variante verbuchte eine »grundlegende Zivilisierung« Nachkriegsdeutschlands, ohne die es heute keinen schwulen Bürgermeister, keine lesbische Vize-Bürgermeisterin geben würde.
Interessanterweise blenden beide Varianten ein Erbe aus, das alles andere als eine marginale Antwort auf ›68‹ war: Das Entstehen sozialer Bewegungen Ende der 1970er/Anfang der 1980er Jahre – von der Häuserkampfbewegung, über die Anti-AKW-Bewegung, bis hin zur feministischen Bewegung… und der Startbahnbewegung – der Versuch, zwischen kommunistischen Doktrinen und Alternativbewegung, zwischen der Roten Armee Fraktion (RAF) und den ›Grünen‹ eigene Wege zu gehen. In diesem Sinne füllt es auch einen blinden Fleck der ›68er‹-Rezeption.
Viele ehemalige StartbahngegnerInnen werden beim Lesen nicht nur auf Bekanntes stoßen. Vieles, was man an der Startbahn hören konnte, musste vage bleiben – manches wurde auch gewollt falsch erzählt. Einige werden also überrascht sein, dass sich markante Ereignisse ganz anders abgespielt haben, als sie sie in ›Erinnerung‹ haben.
Der Wunsch, die Geschichte der Startbahnbewegung und der 1980er Jahre nicht als persönliche Reminiszenz und Anekdote zu erzählen, war eines der entscheidenden Motive, dieses Buch zu schreiben.
Die über 15 Romanfiguren geben mehr als ihre persönlichen Erinnerungen wieder. In der Summe bieten sie die Möglichkeit, Teil des kollektiven Gedächtnisses zu werden.