Schreibweisen:
Spassguerrilla / SPASSGUERRILLA (die so genannte ›teuflische‹
Spassguerilla (›die revolutionierte vor der Reform‹)
Spaßguerilla (die so genannte ›amtliche VS-Version‹)
Inhalt
AG Spaß muß sein!
Vorworte – zur Reprintausgabe
Originalreprint
SPASSGUERRILLA
AG Spaß muß sein!
Einige Anmerkungen 1994
AG Spaß muß sein!
“Was gestern Satire war, ist heute Realität”
Ein Anhang – 10 Jahre danachGroßformat
Auszug aus dem Vorwort
Nach wie vor finden wir den Ansatz der SPASSGUERRILLA wichtig, aktuell und erlebbar.
War Anfang der 80er Jahre die Verschärfung der sozialen Krise vielerorts zu spüren, so ist die Krise heute unübersehbar. Es geht der etablierten Politik, aber auch vielen Initiativen, nur noch um ihre Verwaltung. Zugleich setzet sich die Zersplitterung des Widerstandes in voneinander isolierte Teilbereiche und vereinzelte Kampagnen fort.
Aktionen wie Flugblätterverteilungen, Demos, militante Kämpfe wirken häufig lustlos und ausgelutscht, gelten nur zu oft als überholt. Wir wollen hier nicht die verschiedenen Aktionsformen gegeneinander ausspielen und neue Klüfte produzieren, festzustehen scheint aber: kontinuierlicher Widerstand, der sich nicht nur im defensiven Reagieren auf vorgegebene Themen und in quasi “modemäßig” wechselnden Auseinandersetzungen in Teilbereichen erschöpft, wird noch selten praktiziert.
Um der allgegenwärtigen Frustation, Trägheit und Phantasielosigkeit etwas entgegenzusetzen, möchten wir den unsere Erachtens zu wenig beachteten Ansatz von SPASSGUERRILLA DOKUMENTIEREN UND NEU DISKUTIEREN:
[…]
Im Anhang haben wir versucht, dies exemplarisch mit einem kleinen Querschnitt aus Inhalt und Form neuerer Aktionen zu dokumentieren. Die Vielfalt der Aktionen, die hierbei zutage tritt, sperrt sich den abgeklärten oder resignativen Äußerungen vieler Alt- wie Neu-Linker, die häufig meinen “ja damals ist noch was passiert, aber heute?”. Deutlich wird, dass die meisten Aktionen im Zusammenhang mit den politischen Bewegungen der letzten Jahre wie Volkzählungs-Boykott, Anti-Atom-Bewegung und Antifa stehen. In einer Einleitung zum Anhang gehen wir noch mal auf einige Punkte Konkret ein.
SPASSGEUERRILLA ist, wie die aktuellen Beispiele zeigen, kein abgeschlossenes Kapitel. Wir hoffen, dass mit diesem Buch eine Debatte um Geschichte und Gegenwart, um Ideen und Potentiale dieser Aktinsform (…) in Gang gesetzt wird.
Leseprobe
»ein halbes jahr später wieder massentheater. diesmal mehr als zwei wochen hindurch. der 11.6. 82 war der tag als der reagan kam. seit dem 24.5. hingen an vielen häusern transparente gegen reagan raus. oder sprüche wurden gesprüht.
die bullen waren ununterbrochen im einsatz, um ‘beleidigende’ transparente und sprüche zu entfernen und zu überpinseln.
kaum hatten sie es mal geschafft, wurden schon wieder neue transparente ausgehängt und neue sprüche gesprüht.
und oft sahen sich die angerückten bullen überfordert zu entscheiden, was nun ein ‘beleidigender inhalt’ war und was nicht. ein inzwischen geräumtes und zerstörtes haus am winterfeldplatz hatte z.B. mit einem transparent nachgehakt, auf dem es hieß: “reagan ist kein faschist und wenn er einer ist, dann kommt der bullizist”
die wirkung solcher aktionen unter dem motto ‘bürger beschäftigen die polizei’ ist nicht ohne. ihre wirkung liegt in den vielen überstunden der ordnungsmenschen, nicht so sehr darin, was sie in diesen stunden tun müssen.
so hat ein oberbulle errechnet, daß durch die überstunden der grünen männchen in einem jahr zusätzliche kosten von 62 millionen entstanden sind. die schäden der herrschaften in offener schlacht machten dagegen nur 1 millionen aus.
aber millionfach höher als alle geldmillionen dürfte einzuschätzen sein, daß die mächte der ordnung bei massentheateraufführungen wie den beschriebenen als recht ohnmächtige witzfiguren dastehen.
schlecht sahen die bullen auch bei der aktion eines piratensenders am 2. juni ’81 aus.
eines der hauptprobleme der piratensender ist, daß sie sehr schnell geortet werden. deshalb können sie aus sicherheitsgründen nur 5 bis 10 minuten senden. radio ‘schwarze ratte’ sendete am 2. juni stundenlang. immer wieder dieselbe 45-minutencassette von vorne. sendeort war der wasserturm einer aufgelassenen fabrik am gleisdreieck. mitten auf einem gelände mit wilder vegetation, das ein beliebter ort für spaziergänger ist. und auf diesem wasserturm hatten die radioleute eine bombenattrappe aufgestellt. einen karton, in dem ein wecker tickte.
die bullen mußten nun erst den sprengmeister holen und der brauchte stunden, um die ‘bombe’ zu entschärfen. sendestunden.
und als es soweit war, daß der karton geöffnet werden konnte, fanden sich darin – negerküsse. eine anspielung auf die ‘negerkuß-banküberfälle” der ‘bewegung 2. juni’ vom 30. und 31. 7. 75, bei denen sie ihr ‘konjunkturprogramm’ bekanntgab:
“Konjunkturprogramm der Bewegung 2. Juni:
Wo alle sagen, daß der Rubel wieder rollen muß, damit die Schornsteine wieder rauchen, will auch unsere Bewegung, im Rahmen ihrer bescheidenen Möglichkeiten – schließlich sitzen wir alle im gleichen Latrinendampfer – einen Beitrag leisten.
Hoffentlich geht’s gut, also: HER MIT DER KOHLE!!!
Revolutionäre Negerküsse von der Stadtgeuerilla der Bewegung 2. Juni!”
der sprengmeister fand in dem karton auch eine erklärung, daß die bullen den sender als ‘geschenk’ betrachten sollten.
um die polizeiaktion ‘bürgernah’ zu gestalten, hatten die radioleute im namen der ‘al’ über die jugendsendung ‘sf-beat’ zu einer geländebegehung des wildparkes aufgerufen. damit hatten viele leute, die sich dort aufhielten, eine art alibi.«