Der Spätfaschismus ist das Nach- und Fortleben von Kolonialismus und Sklaverei, die autoritäre Freiheit des Siedlers und Soldaten. Er ist die antisemitische Scheinrevolte gegen die abstrakte Macht des Kapitals und die nostalgische Fantasie geschichtslos gewordener Gesellschaft en. Er ist Genderpanik und Transfeindlichkeit. Er ist neoliberal und reaktionär. Der Spätfaschismus folgt keiner Anleitung und keiner historischen Analogie. Er hat seine eigenen Vorstellungen von Freiheit und Pluralität, Sexualität und Utopie. Nur wenn er in seinen Widersprüchen und Wandlungen erkannt wird, kann er bekämpft und können ihm solidarische Lebensweisen entgegengesetzt werden. Aus den Archiven antifaschistischen Denkens, von der Frankfurter Schule bis zum Schwarzen Abolitionismus (und vielen mehr) bringt Toscano die Elemente einer Faschismustheorie zutage, die diesen als gesellschaftliche Dynamik greifbar macht, die den europäischen Faschismen des 20. Jahrhunderts vorausgeht – und die sie, als ständiges Potenzial im rassistisch-patriarchalen Kapitalismus, bis heute überlebt.