Orient- und IslamBilder

Interdisziplinäre Beiträge zu Orientalismus und antimuslimischem Rassismus
ISBN: 978-3-89771-466-3
308 Seiten, softcover

19,80 

Nicht vorrätig

Die Wohlgerüche des Orients – der Knoblauch stinkende Türke, die erotischen Harems- Schleier – die unterdrückte Kopftuchtürkin. Bilder und Gegenbilder über Orient und Islam sind vielfältig – und nicht neu. Sie werden seit Jahrhunderten überliefert und sind Teil des west-europäischen Kulturgutes. Seit Ende des kalten Krieges zwischen Ost und West greifen die USA wie Europa auf diese alten Bilder zurück. Sie definieren heute wie damals das eigene Selbstverständnis in Abgrenzung zum ›Anderen‹. Wie bereits im Mittelalter sind heute religiös begründete Unterschiede zwischen Ost und West bedeutsamer als systembedingte. Sie legitimieren politische Entscheidungen und erfahren auf Grund der tradierten Bilder Rückhalt in der Bevölkerung.
Nicht zuletzt auf Grund der Widersprüchlichkeit der Bilder regt sich Protest dagegen. Interreligiöse Dialoge und die Unterscheidung zwischen guten und bösen Moslems sind derzeit verbreitet. Sie zeugen zwar vom guten Willen, ändern jedoch nichts daran, dass ›die Anderen‹ weiterhin als grundsätzlich verschieden wahrgenommen werden. Demgegenüber setzt der vorliegende Sammelband an der Konstruktion des Gegenbildes Orient bzw. Islam an und legt die dahinter liegenden Interessen offen.

Aus dem Inhalt

Kulturrassismus und Gesellschaftskritik.
Iman Attia

Theoretische Einführungen

Orientalismus und postkoloniale Theorie.
María do Mar Castro Varela/Nikita Dhawan

Orientalism. Zum Diskurs zwischen Orient und Okzident.
Reinhard Schulze

Historische und geographische Lokalisierungen

Historische Phasen orientalisierender Diskurse in Deutschland.
Nina Berman

Das Gesetz des Teufels und Europas Spiegel. Das christlich-westeuropäische Islambild im Mittelalter und der Frühen Neuzeit.
Almut Höfert

Orientalismus macht Geschichte: Zum Beispiel die Entstehung des Orientaldespoten im Deutschland der Spätaufklärung aus dem Geiste europäischer Expansion in Indien.
Jürgen Krämer

Der ›Orient‹ als Raumkonstruktion der Geographie.
Sybille Bauriedl

Kulturelle Tradierungen

Das musikalisch geprägte Türkenbild.
Margret Spohn

Schwindel erregende Ausschweifungen, süße Chimären. ›Die Erzählungen aus Tausendundeiner Nacht‹ und ihr europäisches Publikum.
Andreas Pflitsch

»Land des Lichtes oder der Finsternis«. Der Maler Wilhelm Gentz und der ›Orient‹.
Karin Rhein

Karl May im Kontext von Kolonialismus und Auswanderung.
Nina Berman

Der abonnierte Orient. Exotismus im Kolportageroman bei Julius Stinde.
Verena Paulus

Gebrochene Bilder: Die Autorin Annemarie Schwarzenbach im ›Orient‹.
Natascha Ueckmann

Aktuelle Markierungen

Dominante Diskurse. Zur Popularität von ›Kultur‹ in der aktuellen Islam-Debatte.
Birgit Rommelspacher

Der ›deutsche Wertekonsens‹ und die Religion der Anderen. Kulturalisierung des Islam: Die 2. Islamkonferenz in ausgewählten Printmedien.
Rolf Cantzen

»Einblicke in fremde Welten«. Orientalistische Selbst/Fremdkonstruktionen in TV-Dokumentationen über Muslime in Deutschland.
Stanislawa Paulus

Ausblick

Orientalismus und zeitgenössische Kunst.
Alexandra Karentzos

Weitere Informationen
Rezension von Ralf Burnicki “Orient- und Islambilder als Kulturrassismus” , in gwr 328, 4 / 2008.

Rezension von Kuno Rinke: Selbst- und Fremdbilder – Orient, Islam und People of Color
Aus: Politisches Lernen. 26. Jg., Heft 1 / 2. 2008, S. 98 – 102

„Ein Sammelband (…) auf den aber im Rahmen der aufkeimenden Islamfeindlichkeit nicht verzichtet werden kann.“ KISMET Rezension: Was denken wir über Orient und Islam? 11/09

“Einen sehr guten Einstieg in die aktuellen postkolonialen Ansätze bietet das Sammelband „Orient- und Islambilder“ (2007). Hier werden erstens die Debatten um Orientalismus und orientalistische Diskurse der Vergangenheit, wie etwa das Islam-Bild im christlichen Mittelalter, skizziert. In diesem ersten Schritt werden in dem interdisziplinär angelegten Sammelband unterschiedliche Aspekte von Orientalismus, die sich von Sprach- und Literaturwissenschaft über Geographie bis zur Sozialgeschichte erstrecken, angesprochen. Anschließend werden ausgewählte Diskurse der Gegenwart angesprochen, so etwa die Debatten um die deutsche Islamkonferenz und die behaupteten Zusammenhänge zwischen Jugendgewalt und einer „muslimischen Kultur“. Die Publikation macht die Bandbreite postkolonialer Ansätze deutlich, wobei allerdings auf eine Zusammenführung und politische Bewertung weitgehend verzichtet wird.”
Feindschaft gegenüber Muslimen und die Schwierigkeiten einer emanzipatorischen Perspektive. Von Ismail Küpeli in: analyse&kritik (Nr. 549 vom 16.4.2010).

Informationen zu der Autor*in

Iman Attia ist Professorin für Critical Diversity Studies mit den Schwerpunkten Rassismus und Migration an der Alice Salomon Hochschule Berlin und arbeitet seit Anfang der 1990er Jahre zu (antimuslimischem) Rassismus aus globalhistorischer, post- und dekolonialer, post-/nazistischer sowie relationaler und intersektionaler Perspektive. Sie lehrt und forscht zur Relationalität von Rassismen und ihren Intersektionen mit anderen gesellschaftlichen Machtverhältnissen mit einem Schwerpunkt auf antimuslimischem Rassismus sowie Erinnerungskultur und -politik.

Veröffentlichungen (Auswahl): Orient- und IslamBilder (2007, Hg.); Die ›westliche Kultur‹ und ihr Anderes (2009); Antimuslimischer Rassismus am rechten Rand (2014, zs. mit Alexander Häusler und Yasemin Shooman); Dominanzkultur reloaded (2015, Hg. zs. mit Swantje Köbsell und Nivedita Prasad); Zur Kritik westlicher Islamdiskurse. Das Argument 319 (2016, Hg. zs. mit Mariam Popal); Den Rassismus gibt es nicht. Zum Verhältnis von Antisemitismus und antimuslimischem Rassismus, in: O. Z. Keskinkılıç / Á. Langer (Hg.) (2018), Fremdgemacht & Reorientiert, S. 21–44; Diskursive Interventionen in westliche Kopftuchmonologe, in: R. Ceylan / H.-H. Uslucan (Hg.) (2018), Transformation religiöser Symbole und religiöser Kommunikation in der Diaspora, S. 145–159; verwobenegeschichten.de. Aktuelle Drittmittel-Forschungsprojekte zum »Leben ohne Papiere in Geschichte und Gegenwart« (IFAF) sowie zum »Bedrohungsszenario des ›islamistischen Terrorismus‹ aus der Perspektive muslimischer Communities« (BMBF).