Macht uns nicht an!

Tips und Tricks zur Selbstbehauptung von Mädchen für Mädchen
2. Auflage
ISBN: 978-3-89771-356-7
64 Seiten, Hardcover, B5, 36 Abb.

12,00 

Kategorie:

»Alltagsbezogen und unkompliziert. Gehört in jede Mädchenhand.« frau und familie
Mädchen einer Abschlußklasse in NRW haben unter der pädagogischen Leitung von Christiane Wortberg ein Selbstbehauptungstraining absolviert und im Anschluß daran dieses bis dato einmalige Buch geschrieben. Sie schildern mit anschaulichen Beispielen die Inhalte dieses Pilotprojektes aus ihrem eigenen Blickwinkel und reichern sie mit Alltagserfahrungen an. Weil nur ein von Mädchen inhaltlich selbstbestimmtes Buch sich an der tatsächlichen Lebenswelt und der damit verbundenen geschlechtsspezifischen Diskriminierung und Gewalt orientieren kann, gelingt es den jungen Autorinnen, gleichaltrige Mädchen auf direkte Weise anzusprechen und so eine Vermittlerrolle zu übernehmen. In Macht uns nicht an! finden die Mädchen nicht nur ihre Alltagsprobleme wieder, sondern auch Lösungsansätze in einer ihnen gerechten Sprache. Die reichhaltige Bebilderung – u.a. zu verschiedenen Selbstverteidigungstechniken – macht neugierig und animiert die Leserinnen dazu, selbst einmal ein solches Training zu absolvieren.

Leseprobe

Hilfreiche und weniger gute Mittel

Immer wieder geschieht es, daß uns Tränengas als ein gutes Mittel gegen einen Angreifer empfohlen wird. Aber ist das wirklich so?

Wir denken, daß Tränengas uns in einem Ernstfall tatsächlich nicht unbedingt helfen kann – nein, vielleicht ist es sogar für uns selbst gefährlich. Das Gas bewirkt bei einem Menschen starke Schmerzen und Tränen in den Augen, Übelkeit, Erbrechen und Schwindelgefühle. Es darf auf jeden Fall nur im Freien benutzt werden. Da es ein Gas ist, vermischt es sich mit der Luft und fliegt natürlich am stärksten in Windrichtung. Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, daß ich einem Angreifer zuerst sage, er soll sich in die richtige Richtung stellen, damit er das Gas abkriegt und nicht ich. Außerdem kann ich nicht hundertprozentig sicher sein, daß er mir nicht die Sprühdose entwendet, und dann wird es wirklich gefährlich für mich.

Die beste Wirkung, die das Tragen von Tränengas hat, ist, daß ich mich damit stärker und sicherer fühle. Dieses Gefühl bewirkt, daß ich regelmäßig atme, mich aufrecht halte und mehr Entschlossenheit zeige. Und da jemand, der belästigen oder angreifen will, sich lieber ein Mädchen sucht, welches er für schwach hält, ist diese Haltung mein bester Schutz.

Aber natürlich gibt es Dinge, die zu einem guten Gefühl verhelfen können, ohne daß sie für mich gefährlich werden können. Das sind zum Beispiel Deospray, Pfeffer, Sägemehl und Sand. Wenn ich dieses Material einem Gegner ins Gesicht schleudere, so kann ich einen ganz kurzen Moment meinen Kopf wegdrehen, damit ich selbst nichts abbekomme. Dem anderen brennen, schmerzen und tränen die Augen, und er ist kurzfristig blind. Diese Situation kann ich ausnutzen, um entweder abzuhauen, mir Hilfe zu holen oder ihm einen Schlag zu versetzen. Dies mache ich aber nur, wenn es nötig ist, zum Beispiel, weil niemand anderes in der Nähe ist, und ich ziemlich weit rennen muß.

Natürlich kann ich auch andere Dinge benutzen, die ich gerade zur Hand habe: die Einkaufstasche, Haarbürste, Handtuch… Wenn ich so etwas in Richtung des Gesichtes schlage, kann der andere nur noch schlecht sehen. Renne ich dabei auf ihn zu, muß er zurückweichen, um keine Schläge abzubekommen. Am besten brülle ich dabei auch noch ganz laut, um ganz viel Wut und Kraft zu haben. Wie dies am besten geht, kann ich einmal in der Gruppe oder mit meiner Freundin ausprobieren.
Was wir niemals benutzen sollten, sind Gegenstände, die unseren Namen tragen, zum Beispiel Tagebücher oder Kalender. Auch beim Schlüsselbund wäre uns das Risiko zu groß, daß er in die falschen Hände gerät. Einzige Ausnahme: Wenn ich gerade mit meinem Schlüssel in der Hand an der Haustür stehe, und jemand kommt wirklich ganz bedrohlich nah an mich heran, dann kann ich vielleicht damit zustechen. Natürlich schreie ich in so einem Moment auch ganz laut und drücke an allen Haustürklingeln Sturm.

Im Prinzip ist es so: je häufiger ich einen Gegenstand ganz normal in den Händen halte, umso trickreicher kann ich ihn auch einsetzen!

Hilfe holen – Hilfe geben

Es gibt Situationen, in denen es nicht reicht, wenn ich mich alleine wehre. Dann brauche ich Hilfe. Manchmal benötige ich sie nur kurze Zeit, zum Beispiel, wenn mich jemand auf der Straße, im Park oder in der Schule anmacht, verfolgt oder angreift. Dann kann ich

– laut rufen;
– an Haustüren klingeln;
– in ein Geschäft, eine Tankstelle oder Kneipe laufen und die Menschen um Hilfe bitten, oder jemanden anrufen;
– mich jemandem anschließen. Wenn ich etwa zu einer Frau auf der Straße renne und laut sage „Hallo Frau oder Tante…“, dann ist das zwar erst einmal komisch, aber eigentlich weiß sie doch jetzt, daß etwas nicht in Ordnung ist. Außerdem ist das Wichtigste in diesem Moment, daß derjenige, der mich belästigt, unsicher wird, und mich deshalb in Ruhe läßt.

Es gibt jedoch auch Situationen, die so viel Angst verursachen, daß ich schon genau überlegen muß, wer mir jetzt am besten helfen kann.
Dies ist der Fall, wenn Kinder in der Familie oder im Bekanntenkreis geschlagen oder mißbraucht werden. Aber auch wenn uns zum Beispiel Jugendliche oder Erwachsene zum Klauen erpressen, oder wenn sie Drogen nehmen, ist die Unterstützung durch jemand anderen wichtig und notwendig.
Manchmal gibt es auch Lehrer, die einen ständig so komisch anfassen, daß man am liebsten ganz schnell aus der Klasse oder Turnhalle verschwinden möchte.
Wenn wir Angst haben, von solchen Situationen zu erzählen, ist es oft deshalb, weil wir befürchten, daß
– der andere noch gewalttätiger wird;
– die Zensuren schlechter werden;
– uns sowieso niemand glaubt.

Auch kann es sein, daß es einem selbst peinlich ist, jemandem zu erzählen, was passiert ist.
Aber wenn ich mich ganz verzweifelt fühle, und alles wird zu viel,

• dann ist Hilfe absolut erforderlich!!!

Der erste Schritt ist immer, sich zu überlegen: „Wem kann ich vertrauen?“ Das können ganz unterschiedliche Personen sein: gute Freundinnen, Mutter, Vater, eine Lehrerin oder ein Lehrer, Verwandte oder Nachbarn. Wichtig ist, daß ich mir ein Herz fasse, und jemandem in aller Ruhe erzähle, warum es mir so schlecht geht. Gemeinsam kann man dann überlegen, was zu tun ist.

Wenn mir niemand einfällt, zu dem ich gehen kann, gibt es auch noch andere Möglichkeiten, zum Beispiel das Sorgentelefon. Die „Nummer gegen Kummer“ hängt an vielen Stellen aus, und das Anrufen ist kostenlos. Je nachdem wo ich wohne, gibt es noch verschiedene weitere Stellen, an die ich mich wenden kann: Kinderschutzbund, Jugendamt, Zartbitter, Mädchenkrisenhaus, Innere Mission, Caritas. Natürlich gibt es einen Unterschied, ob ich zu so einer Beratungsstelle gehe oder zur Polizei. Das hängt selbstverständlich auch davon ab, worum es geht. Die einen hören erst einmal in Ruhe zu und überlegen gemeinsam mit mir, was wohl am besten weiter geschehen kann. Wenn ein Treffen nicht reicht, dann gibt es mehrere.

Die Aufgabe der Polizei ist anders: Wenn es um eine Straftat geht, zum Beispiel Erpressung, dann verfolgen sie den Täter. Es ist auch richtig, einen Mann anzuzeigen, der Kindern Angst macht, indem er vor ihnen die Hose öffnet und sein Glied reibt. Wenn er geschnappt wird, bekommt er ein Verfahren und hoffentlich soviel Angst, daß er es in Zukunft nicht noch einmal macht! Die Polizei sagt mir auch, was ich ihrer Meinung nach richtig oder falsch mache. Für mein eigenes Gefühl von Angst und Ekel reicht das aber oft nicht aus. Dafür brauche ich Personen, die mir zuhören und mich ausreden lassen.

Was ist denn nun, wenn ich sehe, daß jeman

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Informationen zu der Autor*in

Christiane Wortberg, geb. 1958, Hebamme und Sozialpädagogin, engagiert sich seit den 80er Jahren aktiv in der feministischen Frauenpolitik.
Seit Anfang der 90er Jahre leitet sie Selbstverteidigungs- und Selbstbehauptungskurse für Mädchen und Frauen und erarbeitete gemeinsam mit anderen Frauen (u.a. Christiane Lichthardt, Lauter starke Mädchen, UNRAST Verlag, 1995) ein spezielles Konzept für Kurse an Schulen.
Neben vielen anderen feministischen Aktivitäten, ist sie seit Oktober 1992 Trainerin und Vorstandsfrau im Frauen- und Mädchen-Selbstverteidigung und Sport Münster e.V.
1995 gewann sie mit ihrem Praxiskonzept Selbstverteidigung und Selbstbehauptung für Seniorinnen den Präventionspreis der Landespolizei NRW „Schutz älterer Mitbürger vor Kriminalität“. 1997 erschien mit Bye, bye Barbie ihr erstes Buch – ebenfalls im UNRAST Verlag.