In der Historik und für die Linke gilt, dass die KPD keine antisemitische Partei gewesen ist. Das ist richtig, und stimmt dennoch nicht, denn angesichts des Siegeszuges der Nationalsozialisten setzte die KPD-Führung auf die ideologische Rückgewinnung der nationalisierten Massen und buhlte um den „deutschen Arbeiter“ auch dort, wo er sich bereits in SA- oder SS-Uniform befand, und entschied sich somit eindeutig für die Verfolger und nicht für die Verfolgten.
Birgit Schmidt analysiert berühmte Lagerromane (von Wolfgang Langhoff, Willi Bredel u.a.) und weist nach, dass dort, wo Kommunisten dazu angehalten waren, sich agitatorisch um die SS-Wachmannschaft zu bemühen, einer Solidarisierung mit Juden, aber auch mit den anderen Opfern des NS, bewusst entsagt wurde. Die antisemitische Verfolgungswelle in allen Staaten des Stalinschen Einflussbereiches zu Beginn der fünfziger Jahre wurde in der DDR von einer Literatur flankiert, die den Zionismus mit Faschismus, gar mit Nationalsozialismus, gleichsetzte und ansonsten darum bemüht war, das antisemitische Wesen des NS zu leugnen und die Kommunisten in den Focus der Verfolgungen zu rücken. Nicht umsonst stellte Anna Seghers im Rückblick auf diese Jahre in einer Erzählung den Verrat eines Kommunisten an seinem jüdischen Genossen heraus. Für sie blieb ein Hoffnungsschimmer, Ein Licht auf dem Galgen, wie sie ihre Erzählung nannte, aber tatsächlich provoziert die (erneute) Lektüre von kommunistischer Literatur dazu, die Einschätzung, dass die KPD (und in ihrer Folge die SED) frei von Antisemitismus war, zu überdenken.