Was ist dran am Bild des „jugendlichen ausländischen Machos“?

Corpus delicti

Männlichkeit, Rassismus und Kriminalisierung im Alltag jugendlicher Migranten
ISBN: 978-3-89771-738-1
Erscheinungsdatum 6. Mai 2006
358 Seiten, softcover

26,00 

Edition DISS Band 9
Was ist dran am Bild des „jugendlichen ausländischen Machos“? Das vorliegende Buch zeigt in biografischen Analysen migrantischer Jugendlicher in Haft, wie deren Lebensgeschichten nicht von kulturellen Spezifika sondern von hegemonialen Geschlechter- und Migrationspolitiken bestimmt sind.

Werden migrantische Jugendliche gewalttätig, so dient ihr kultureller Hintergrund oft als Erklärungsmuster. Dadurch geht der Blick für die gesellschaftlichen Vorgaben verloren, in denen sich die Jugendlichen bewegen.
Dabei lohnt es sich, genauer hinzuschauen:
In der Analyse der Biographien inhaftierter Jugendlicher mit Migrationshintergrund zeigt sich, wie sich Männlichkeitskonstruktionen und Rassismus wechselweise verstärken können, bis sie schließlich zum gesellschaftlichen Ausschluss führen. Geschlecht und Herkunft sind ausschlaggebende Faktoren für die Herstellung von Hegemonie; darin versuchen die Jugendlichen sich zu positionieren, indem sie sich anpassen oder dagegen ankämpfen – entrinnen können sie allerdings nicht. Sie werden auf ihr Geschlecht zurückgeworfen: Es bleibt ihnen als Orientierung und wird zugleich zur Falle.
Biographische Etappen führen von der Verweigerung einer anerkannten Männlichkeit über die Reduzierung auf den Körper hin zur Verunmöglichung einer Positionierung. Vor diesem Hintergrund greift Rassismus auf das Geschlecht der Jugendlichen zu, schaltet sich daran – und zielt dabei deutlich auf ihre Körper. Ihr Körper stellt zugleich eine der letzten Ressourcen dar, den sie und andere ausbeuten können.
Sie werden zunehmend zu „anderen Männern“, zu Defizitträgern und „gewalttätigen Machos“, die „verantwortungslos“ handeln. In der Analyse wird deutlich, wie das Einbinden in Differenz und Hierarchie die Jugendlichen vom Rest der Gesellschaft trennt, so lange, bis der Staat sie letztlich ausschließt und – exekutiert durch die Abschiebung – sie somit auch aus seiner Verantwortung entlässt.

Presse
Interview mit Susanne Spindler, taz vom 16.4.2007

Informationen zu der Autor*in

Susanne Spindler, geboren 1971, Studium der Dipl.-Pädagogik bis 1998, von 1998-2002 Mitarbeiterin an der Forschungsstelle für interkulturelle Studien, Uni Köln, Bereich Soziologie; davon 3 Jahre im Forschungsprojekt zum Thema der „Überrepräsentation von jugendlichen Migranten in Haft“. Seit 2004 Bildungsreferentin der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW; seit 1999 bis heute diverse Veröffentlichungen sowie Unterrichtsaufträge an der Uni Köln. Redaktionsmitglied der beiträge zur feministischen theorie und praxis, Mitarbeit in migrationspolitischen Zusammenhängen.
Arbeitsschwerpunkte: Migration, Rassismus und Geschlecht.