Susanne Spindler – UNRAST VERLAG https://unrast-verlag.de Bücher der Kritik Wed, 18 Dec 2024 13:42:55 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.9 https://unrast-verlag.de/wp-content/uploads/2022/10/cropped-unrast_logo-1-32x32.png Susanne Spindler – UNRAST VERLAG https://unrast-verlag.de 32 32 AusnahmeZustände https://unrast-verlag.de/produkt/ausnahmezustaende/ Mon, 29 Oct 2007 23:00:00 +0000 http://neuershop.unrast-verlag.de/?product=ausnahmezustaende Continue reading "AusnahmeZustände"

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Edition Diss Band 15
Normalität ist schwer zu fassen: Sie orientiert sich daran, was innerhalb einer Gesellschaft sagbar ist. Damit ist sie zugleich ständigen Veränderungen ausgesetzt und differiert von Kultur zu Kultur und in der Geschichte. Dennoch lässt sich eine gewisse „common sense“-Definition von Normalität aufspüren, die vor allem dann zum Tragen kommt, wenn es Bruchstellen gibt, wenn ein gesellschaftlicher Zustand als nicht normal, als Ausnahmezustand, empfunden wird. Diese Ausnahmen werden als solche diskursiviert und im Gegenzug wird daran gearbeitet, wieder Normalität herzustellen.
Normalität ist gespalten: Menschen in anderen Ländern fristen eine Existenz, die aus unserer Sicht als nicht normal bezeichnet werden kann. Die Terroranschläge vom 11.09.2001 lösten einen enormen Denormalisierungsschub aus. Ist heute zwar weitgehend durch unterschiedliche Strategien wieder Normalität hergestellt, so ist diese jedoch gleich in mehrfacher Hinsicht gespalten: Vermeintliche Terroristen werden – komplett entrechtet – weggesperrt und Berichte über grausame Folterungen gehen über die Nachrichten-Sender. Die heutige, von Unsicherheit und Angst gekennzeichnete Situation im Irak hat mit dem Anspruch der „Befreiung“, mit dem dieser Krieg geführt wurde, wenig gemein.
Normalität ist auch überaus prekär: Der als Ausnahmezustand benannten Verarmung wird mit neo-sozialdarwinistischer Politik begegnet. Der Diskurs um den demografischen Wandel der Gesellschaft lässt es zu, dass heute vermehrt eugenische Konzepte diskutiert werden, die in die pränatale Diagnostik und Therapie eingreifen, oder dass volkswirtschaftliche Kosten für „Bedrohungen“ der Gesundheit der Bevölkerung, z.B. durch Vogelgrippe, kalkuliert werden. Die Sichtweise auf Einwanderung als Bedrohung statt als Normalfall ethnisiert soziale Probleme – Kulturen und Religionen werden auf Konfrontation gebracht. Welche Auswirkungen hat der weltweite Kampf um die Schlüsselressourcen unserer Erde auf Fragen um Normalität? Die Beiträge in diesem Buch gehen nicht nur solchen Fragen nach, sondern diskutieren auch, mit welchen demokratischen Gegenmodellen man der zurzeit gängigen gesellschaftlichen Praxis um Ausnahmezustände und Normalisierungsversuche begegnen kann.

Aus dem Inhalt:

Susanne Spindler / Iris Tonks
AusnahmeZustände. Krise und Zukunft der Demokratie

Jürgen Link:
Lässt sich der Notstand »normalisieren«? Normalismustheoretische Überlegungen

Jobst Paul:
Biopolitik und die Doktrin der Ausnahme – Analyse und Kritik der ›Angewandten Ethik‹

Dorothee Obermann-Jeschke:
»Zu Risiken und Lebensplanung befrage deinen Arzt und deine Gene« –
Wie historisch angelegtes »Normalisierungswissen« zu einem Selbstmanagement genetischer Risiken anleitet

Susanne Spindler:
Ausschluss aus der gouvernementalen Regierung – Formen und Funktionen rassistischer Exklusion von migrantischen Jugendlichen

Heiko Kauffmann:
Nach Integrationsgipfel und Innenministerkonferenz: Integration auf dem Prüfstand

Mohssen Massarrat:
Motive der Konfliktparteien im Iran-Atomkonflikt. Das Scheitern der EU-Diplomatie und Alternativen zu einem neuen Krieg

Anne Huffschmid:
Interferenzen. Zapatismo als Semiotik des Widerstands?

Ulrich Brieler:
Empire, Phantomstaaten und kommende Demokratie. Analytik der neuen Weltordnung bei Jacques Derrida und Michael Hardt /Antonio Negri

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Corpus delicti https://unrast-verlag.de/produkt/corpus-delicti/ Sun, 30 Oct 2022 22:28:53 +0000 http://neuershop.unrast-verlag.de/?product=corpus-delicti Continue reading "Corpus delicti"

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Edition DISS Band 9
Was ist dran am Bild des „jugendlichen ausländischen Machos“? Das vorliegende Buch zeigt in biografischen Analysen migrantischer Jugendlicher in Haft, wie deren Lebensgeschichten nicht von kulturellen Spezifika sondern von hegemonialen Geschlechter- und Migrationspolitiken bestimmt sind.

Werden migrantische Jugendliche gewalttätig, so dient ihr kultureller Hintergrund oft als Erklärungsmuster. Dadurch geht der Blick für die gesellschaftlichen Vorgaben verloren, in denen sich die Jugendlichen bewegen.
Dabei lohnt es sich, genauer hinzuschauen:
In der Analyse der Biographien inhaftierter Jugendlicher mit Migrationshintergrund zeigt sich, wie sich Männlichkeitskonstruktionen und Rassismus wechselweise verstärken können, bis sie schließlich zum gesellschaftlichen Ausschluss führen. Geschlecht und Herkunft sind ausschlaggebende Faktoren für die Herstellung von Hegemonie; darin versuchen die Jugendlichen sich zu positionieren, indem sie sich anpassen oder dagegen ankämpfen – entrinnen können sie allerdings nicht. Sie werden auf ihr Geschlecht zurückgeworfen: Es bleibt ihnen als Orientierung und wird zugleich zur Falle.
Biographische Etappen führen von der Verweigerung einer anerkannten Männlichkeit über die Reduzierung auf den Körper hin zur Verunmöglichung einer Positionierung. Vor diesem Hintergrund greift Rassismus auf das Geschlecht der Jugendlichen zu, schaltet sich daran – und zielt dabei deutlich auf ihre Körper. Ihr Körper stellt zugleich eine der letzten Ressourcen dar, den sie und andere ausbeuten können.
Sie werden zunehmend zu „anderen Männern“, zu Defizitträgern und „gewalttätigen Machos“, die „verantwortungslos“ handeln. In der Analyse wird deutlich, wie das Einbinden in Differenz und Hierarchie die Jugendlichen vom Rest der Gesellschaft trennt, so lange, bis der Staat sie letztlich ausschließt und – exekutiert durch die Abschiebung – sie somit auch aus seiner Verantwortung entlässt.

Presse
Interview mit Susanne Spindler, taz vom 16.4.2007

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