»Die vorliegende Artikelsammlung ist eine gelungene Würdigung von Tove Soilands Theoriebildung durch Anna Hartmann. Im Vorwort führt die Herausgeberin verständlich in die Thematik ein und erklärt den strukturellen Zusammenhang der neun chronologisch geordneten Artikel. Soilands Kritik an Judith Butler und ihren Rezipient:innen leitet sich aus dem Subjekt- und Geschlechterverständnis in der lacanschen Psychoanalyse ab. Soiland erläutert, wie Luce Irigaray die strukturale Psychoanalyse nach Jacques Lacan im Theorem der sexuellen Differenz feministisch interpretiert. Aktualisierend untersucht sie zudem den Übergang von der ödipalen zur postödipalen Subjektivität und fragt, weshalb die geschlechtliche Hierarchie trotz der zunehmenden Anerkennung diverser Geschlechtsidentitäten weiter besteht. (…) Der feministischen Diskussion bietet das Buch inspirierende Anreize. Dazu gehört insbesondere die Frage nach dem Verhältnis von Frauen untereinander und nach ihrem Selbstverhältnis. Soilands Frage, weshalb es gerade Frauen sind, die sich weigern, eine kollektive Betroffenheitslage zu thematisieren, erscheint ebenso zentral wie die, ›was es eigentlich zu dekonstruieren gilt‹ (S. 153), um die geschlechtliche Hierarchisierung im Spätkapitalismus nicht nur erklären, sondern auch überwinden zu können. (…) Dazu ist es notwendig, die zu artikulierende weibliche Subjektivität nicht nur auf Frauen anzuwenden, sondern als allgemein menschliche zu denken. Der Band bietet die Grundlage für ein solches Projekt, indem er die verdrängten Bedingungen des ödipalen und postödipalen Subjektverständnisses sichtbar macht und Lacans Vorhaben befürwortet, eine andere Form des Genießens zu suchen.« – Vivian Buchholz, GENDER, 03/2023