»Die Klimagerechtigkeits-Gruppe ausgeCO2hlt verarbeitet in diesem Buch nicht nur wichtige Debatten aus der Bewegung, sondern verschriftlicht auch jene Gedanken und Emotionen, mit denen Aktivist*innen sich oftmals alleine fühlen. Dabei navigiert das Buch zwischen Gesprächen, theoretischen Darlegungen, anekdotischen Erzählungen und Erfahrungsberichten. Es ist die Frucht der Arbeit einer kontinuierlichen Redaktionsgruppe mit Blick auf die letzten drei bis vier Jahre in der Bewegung.
Im ersten Kapitel werden gängige Erzählungen analysiert, darunter der apokalyptische Diskurs (›es ist zu spät‹) sowie das damit verbundene Narrativ der Angst und Dringlichkeit. Das zweite Kapitel handelt von beziehungsbasierter Organisierung: Es geht um nachhaltige Beziehungen in der politischen Zusammenarbeit, die über die alltägliche politische Arbeit hinausgehen. Der Fokus liegt hier auf Gruppenprozessen und -dynamiken, um Fragen der Verantwortung, der Zugehörigkeit und das Konzept des Leaderships sowie damit einhergehende Ein- und Ausschlüsse. Nicht zuletzt wird der neoliberale Arbeitsethos bearbeitet, vor allem vor dem Hintergrund, wie Gruppen mehr Energie geben können als sie nehmen. Daran hängt letztlich auch die Frage, was eigentlich ›Aktivist*innen‹ sind. Das dritte Kapitel greift zentrale Fragestellungen rund um das Aktivist*innen-Dasein auf –etwa den Spagat zwischen Lohnarbeit und dem Aktivsein. Darüber hinaus thematisiert das Kapitel das Altern in politischen Gruppen, Fragen rund um Elternschaft und mentale Gesundheit. Die Suchbewegung nach dem politischen Zuhause, in dem mensch dauerhaft aktiv sein kann, zieht sich durch die ersten drei Kapitel. Im vierten Kapitel zeichnet das Buch dann die Umrisse einer postkapitalistischen Gesellschaft mittels Theorien des Wandels. Kapitel 5 macht konkrete Horizonte auf und behandelt gesellschaftliche Naturverhältnisse und solidarische Ökonomien.
Das Buch ist vor allem ein Geschenk für die Bewegung – ob Klimagerechtigkeitsgruppen oder andere linke Gruppierungen. Es lesen sich allerhand Erfahrungsberichte, aber vor allem Emotionen, die gerade in einem Kontext von mannigfaltigen Abwehrkämpfen und ernüchternden Kräfteverhältnissen Raum brauchen. Der Redaktionsgruppe ist es gelungen, jenen Emotionen Raum zu geben und als Teil von widerständiger Praxis sichtbar zu machen. Das Buch knüpft an Debatten rund um nachhaltigen Aktivismus an, ist jedoch mehr als das. Es betrachtet die Revolution als ein stetiges Anknüpfen an vorausgegangenen Widerstand und widerständiges Leben auf Dauer und stellt dabei vor allem die Frage nach dem Wie‹. Das Buch ist ein ›ehrliches Gespräch beim Wandern‹, das für aktive Wanderer*innen inspirierend ist, aber vielleicht auch für jene, die beginnen wollen, mit der Bewegung zu wandern.« – Nadine Gerner, contraste #461, Februar 2023
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