»Vergleichbar den postkolonialen Theorien haben sich in den letzten Jahrzehnten auch in Lateinamerika theoretische Strömungen vor allem in den Sozialwissenschaften herausgebildet, die sich die kritische Beschreibung der unvollendeten Entkolonisierung des Kontinents sowie einer widerständigen Praxis gegen die komplexen Überreste des Kolonialismus zur Aufgabe gemacht haben. Die Theologie der Befreiung greift in der Gegenwart diese Theorien ebenso auf wie den Postkolonialismus. Diese Einführung des Wiener Soziologen und Kunsthistorikers erlaubt einen gründlichen Überblick über das lateinamerikanische Diskursfeld.
Kastner geht weder chronologisch noch bezogen auf einzelne Autor:innen vor, sondern beschreibt diese Theorien anhand wichtiger Themenfelder und stellt en passant wichtige Vertreter:innen vor. Zu diesen Themenfeldern gehören der Dialog mit dem Marxismus und dem Poststrukturalismus, die kritische epistemologische Auseinandersetzung mit der europäischen Moderne, die feministische Kritik innerhalb des dekolonialen Diskurses und die Fragen nach alternativen Theorien und Praxisentwürfen. In Exkursen erläutert er den Begriff ›pueblo‹ und ordnet den Zapatismus in die dekolonialen Strömungen ein.
Das Buch bietet eine hervorragende Einführung, wobei an manchen Stellen der sicher notwendige kritische Blick bereits wieder über das Ziel hinausschießt. Für das Verständnis aktueller theologischer Entwicklungen in Lateinamerika ein notwendiges Grundlagenwerk.« – Stefan Silber, Plattform Theologie der Befreiung, Juni 2022