»Derartige Eingriffe sind nicht akzeptabel.
Das Buch Intersexualität – Intersex von Heinz-Jürgen Voß erschien als Reaktion auf die Stellungnahme ›Intersexualität‹ des deutschen Ethikrats, die dieser 2012 veröffentlichte. In dieser Stellungnahme wurden zwar manche Anliegen der Intersex*-Bewegung, wie zum Beispiel die Empfehlung für eine dritte Kategorie im Personenstandsregister, berücksichtigt. Allerdings nur punktuell und in viel zu geringem Maße. Zentrale Forderungen der Intersex*-Bewegung wurden vom deutschen Ethikrat nicht berücksichtigt. Zum Beispiel die Forderung Intersex nicht länger als Krankheit zu klassifizieren und die Beendigung von medizinisch nicht erforderlichen Eingriffen im frühen Kindesalter. Auch aktuelle Studien zur Behandlungszufriedenheit von Intersex-Personen wurden außen vor gelassen.
Heinz-Jürgen Voß versucht in dem neuen Buch den aktuellen Stand der Debatte zu reflektieren und dabei insbesondere die Positionen der betroffenen Personen darzustellen. Zu Beginn gibt es eine kurze Begriffserläuterung und eine kurze Vorstellung gegenwärtiger Behandlungskonzepte. Einen großen Teil des Buches nimmt die historische Darstellung ein. Anhand verschiedener Fallbeispiele wird die gesellschaftliche Reaktion auf Menschen mit uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen dargestellt. Auch die Rolle der Medizin und ihre technische Entwicklung, die zu immer invasiveren Eingriffen in den Körper führten, wird ausführlich behandelt. Dabei wird auch auf den gesellschaftlichen Kontext in welchem die jeweiligen Mediziner_innen handeln eingegangen. So denken viele der Mediziner_innen zum Beispiel sie würden im besten Sinne ihrer Patient_innen handeln.
Schließlich werden verschiedene aktuelle Studien zur Behandlungszufriedenheit ausführlich vorgestellt. Dabei wird deutlich, dass trotz verbesserter technischer operativer Möglichkeiten und besserer Kenntnisse der physiologischen Prozesse, die meisten Menschen unglücklich mit der medizinischen Behandlung sind. Dies gilt insbesondere wenn medizinische Behandlungen im Kleinkindalter stattfanden und der betroffenen Personen somit das Entscheidungsrecht über den eigenen Körper genommen wurde.
Abschließend werden ethische Konsequenzen der vorgestellten Studien dargestellt: Chirurgische und hormonelle Eingriffe richten in vielen Fällen erheblichen körperlichen und psychischen Schaden an. Sie sollten nur auf Wunsch von vollständig aufgeklärten und einwilligungsfähigen Patient_innen stattfinden. Derartige Eingriffe bei Kindern sind nicht akzeptabel. Das Buch gibt auf nur 78 Seiten einen sehr guten Überblick und sei allen Menschen wärmsten ans Herz gelegt.« – Queerulant_in Nr. 5, September 2013