»(…) Jede und jeder kann Beiträge erstellen oder verändern, eine Kontrolle durch fachlich kompetente Administratorinnen oder Administratoren findet kaum statt. So halten sich zwar neonazistische Äußerungen, Beleidigungen oder offenkundige Falschmeldungen nur kurz, doch geschickt formulierte, aber inhaltlich fragwürdige Beiträge bleiben zum Teil lange im Netz, solange sie formal den Wikipedia-Prinzipien eines neutralen Standpunktes und des Belegens der Aussagen entsprechen. Erst nach langen Diskussionen werden sie geändert. Problematische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden ebenfalls erst nach langwierigen, nicht immer fairen internen Abstimmungen unter den Administratoren zeitweilig oder permanent ausgeschlossen.
Problematischer als die eher seltenen politischen Einseitigkeiten sind die Interessen und der Schreibstil des harten Kerns der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der deutschsprachigen Wikipedia. Überwiegend sind die 300-500 Personen männlich, um 30 Jahre alt und haben eine akademische Ausbildung. Häufig steuern sie kenntnisreiche Fanartikel etwa zu Musik, Kunst oder Lokalgeschichte bei. Viele verfassen auch technisch richtige, aber für Laien schwer lesbare Artikel zu Technik, zum Beispiel zu Computerfragen. So ergibt sich eine Enzyklopädie, die zwar aktueller ist und mehr Gebiete abdeckt als etwa der Brockhaus, deren Texte aber häufig zwar nicht sachlich falsch, aber doch weitschweifig und unkritisch sind.«
Peter Bräunlein (2008): Rezension zu Schuler, Günter: Wikipedia inside / Chatwin, Margaret: Griff nach der Meinungshoheit. Internetkampagnen der ‚Jungen Freiheit’ am Beispiel von Wikipedia. In: merz. medien + erziehung. zeitschrift für medienpädagogik. 52. Jahrgang. Nr. 1, Februar 2008.