‘Es ist im Diskurs um diskriminierungsfreie Sprache bereits gängige Praxis, dass ihre Gegner entrüstet darauf beharren, sich von ein paar „Gutmenschen“ nicht den „Mund verbieten“ zu lassen, da sie doch schon immer so geredet hätten, wie sie reden, ohne dass damit böse Absichten verbunden wären. „Sprachverbote“, meinen sie, könnten die Wirklichkeit nicht verändern. Wer so argumentiert, negiert jedoch die Wirkmacht von Sprache, die doch stets Realität (re-)produziert und damit enger mit der Wirklichkeit verknüpft ist, als die selbsternannten Sprachwächter es sich eingestehen wollen.
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Behutsam darauf bedacht, sprachliche Rassismen nach Möglichkeit nicht zu reproduzieren, behandeln die Autorinnen und Autoren kolonialrassistische Begriffe und Fremdbezeichnungen wie „Stamm“, „Eingeborene“, „Indianer“, „Eskimo“ oder „Zigeuner“, zeigen aber auch auf, wie in Wörtern wie „Mischehe“, „Ethnie“ oder „Mischling“ der Irrglaube an die Existenz menschlicher „Rassen“weiterlebt.
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Mit Beiträgen von Kien Nghi Ha, Paul Mecheril, Esther Dischereit, Peggy Piesche, María do Castro Varela, Noah Sow, Deniz Utlu, Eske Wollrad, Maisha Maureen Eggers und vielen weiteren, ist aber ein so fachlich fundiertes, wie vielfältiges Grundlagen- und Nachschlagewerk entstanden, das vor allem jenen, die sich beruflich mit Sprache beschäftigen (etwa Journalisten), ans Herz gelegt werden sollte. Zu behaupten, man habe es nicht nötig, den eigenen Sprachgebrauch zu reflektieren, ist angesichts der aufgezeigten Implikationen und Konnotationen im besten Falle ignorant.
Das Privileg, sich nicht mit Rassismus beschäftigen zu müssen, es ist ein weißes.’
Marie-Sophie Adeoso, FR vom 28.07.2011