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„Race doesn’t exist, but it does kill people.“Colette Guillaumin
Internationales Gedenken und deutsche Amnesie
2001 erklärte die dritte UN-Weltkonferenz gegen Rassismus im südafrikanischen Durban die Sklaverei zum Verbrechen gegen die Menschlichkeit und sah den europäischen Sklavenhandel und Kolonialismus als historische Basis von Rassismus. 2004, also 200 Jahre nach der Unabhängigkeit Haitis, stand der Widerstand im Fokus – es war das „Internationale Jahr zum Gedenken an den Kampf gegen die Sklaverei und an ihre Abschaffung“. 2007 schließlich erklärte die UNO-Vollversammlung den 25. März zum „Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer der Sklaverei und des transatlantischen Sklavenhandels“.
400 Jahre europäischer Sklavenhandel und seine grausamen Folgen sind also auf supranationaler Ebene offiziell anerkannt. Auch die historische Verbindung vom Kolonialismus zum Rassismus ist gezogen. In Deutschland aber herrscht nach wie vor eine eigenartige Amnesie: Zum einen wird die deutsche Kolonialzeit bagatellisiert – sie sei nur kurz und im Vergleich mit Frankreich und England auch „nicht so gravierend“ gewesen. Dementsprechend hat sie weder im öffentlichen Bewusstsein noch im Geschichtsunterricht einen angemessenen Platz. Zum anderen gilt: seit dem Ende der NS-Zeit gebe es hierzulande keinen Rassismus mehr oder eben nur in rechtsextremen Kreisen am Rande der Gesellschaft.
Deutschland im Spiegel eines „kritischen Nachschlagewerkes“
Gegen diese Argumentationsstrategie wendet sich „Wie Rassismus aus Wörtern spricht – (K)erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk“. Es ist ein vielseitiges Buch, im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Mit fast 800 Seiten und 70 Autor_innen bietet das Lexikon Raum für neue Sichtweisen und kritische Analysen – nicht nur auf die deutsche Sprache, sondern auch auf die über Sprache festgeschrieben historischen und politischen (Macht)Verhältnisse in Deutschland und anderswo.
Ein komplexes Thema, dem die Publikation durch ein durchgängiges Motiv einen übergreifenden Bezugsrahmen gibt: Die Autor_innen zeigen immer wieder die Verbindungslinien zwischen dem europäischen Kolonialismus und Rassismus und betonen dabei auch die Kontinuitäten bis zur NS-Zeit. Internationale Perspektiven fließen in das Werk ein, dennoch bezieht es sich im Wesentlichen auf den speziellen Kontext Deutschland, da die historische wie diskursive Gemengelage hier etwas anders liegt.
Polyphonie – oder wie viele Stimmen herrschende Diskurse aufbrechen
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