»Wann immer sich in letzter Zeit Feministinnen darüber austauschen, wessen Bücher unbedingt gelesen werden sollten und wer auf jeden Fall zu einer Konferenz eingeladen werden müsste, fällt bald ein Name: Sara Ahmed. Augen leuchten auf, Diskussionen werden angeregter, an Euphorie grenzende Begeisterung wird spürbar. Das ist umso interessanter, als die englisch-pakistanisch-australische Wissenschaftlerin für eine dezidiert unfreudige Form des Feminismus eintritt.
So trägt ihr Blog den Titel »Feministkilljoys«, und das Manifest für diese »Spaßverderberinnen«, das den letzten Teil des aus dem Blog hervorgegangenen, nun auch auf Deutsch vorliegenden Buches bildet, geizt nicht mit Ansagen, die stereotype Vorstellungen von der verbissenen, jedes Wort auf die Goldwaage legenden Frauenrechtlerin bereitwillig umarmen.
›Ich bin gewillt, Unglück/lichsein zu verursachen‹, heißt es da unter Grundsatz 2, und unter Grundsatz 4: ›Ich bin nicht gewillt, über Witze zulachen, die andere beleidigen.‹ Dieses Festhalten an feministischer ›Eigensinnigkeit‹ und einem Verhalten, das genervtes ›Augenrollen‹ hervorruft, bei gleichzeitiger Zurückweisung weiblichen ›Glücks‹ in vorgezeichneten heterosexuellen Lebensläufen, ist in einer Zeit, in der das Eintreten für Gleichberechtigung gefälligst sexy, modisch und immer von einem unterwürfigen Lächeln begleitet zu sein hat, so erfrischend wie standhaft.
Dazu passt, dass Ahmed, die sich in intersektionaler Manier für die Anliegen von Women of Colour, Behinderten, Queers und Transpersonen stark macht, ihre Professur am Londoner Goldsmiths College 2016 aus Protest darüber aufgab, wie inkonsequent die Institution die zahlreichen Vorwürfe gegen sexueller Belästigung verfolgte. Ahmed, die bewusst fast ausschließlich Frauen und People of Colour zitiert, adressiert ihre Leser*innen als ›du‹ und reiht in ihrer pädagogischen, metaphernreichen und poetischen Sprache ein Bonmot ans nächste: ›Feminismus braucht Feminist*innen, um zu überleben‹, ›Feminist*innen brauchen Feminismus um zu überleben‹, und schließlich: ›Überleben kann Protest sein.‹ Für manche mögen diese den Text strukturierenden Slogans redundant wirken, für andere dagegen eine Kette von Offenbarungen sein.« – Sonja Eismann, konkret, 9/17