Zu Wort kommen Frauen, die den ersten Schritt aus einer gewalttätigen Beziehung gewagt haben und nun versuchen, eigene Lebensperspektiven aufzubauen.
“Vor über 20 Jahren wurde das erste Frauenhaus Deutschlands in Berlin eröffnet. Die Autorin geht der Frage nach, wie wichtig autonome Frauenhäuser heute noch sind. Betroffene Frauen, die in einem deutschen und einem italienischen Frauenhaus leten und lebten. Berichten von ihren Erfartungen. Da Frauen aus zwei Ländern zu Wort kommen, werden auch die unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Strukturen beider Länder deutlich.”
Rhiannon Frauenbuchladen Köln
aus dem Inhalt
Teil I: Frauenhäuser in Deutschland
20 Jahre autonome Frauenhäuser – ein Rückblick
Die Entstehung der Frauenhäuser in der Bundesrepublik
Prinzipien autonomer Frauenhäuser
Frauenhäuser arbeiten am Nerv sozialer Benachteiligung
Die leidliche Finanzierungsdiskussion
Reflexionen
Alltag im Frauenhaus – Interviews
Die Mitarbeiterinnen
Autonome Frauenhäuser im Gegensatz zu Frauenhäusern in kirchlischer Trägerschaft – den sogenannten Gegenhäusern – Die Institutionalisierung der Frauenhäuser – Die Arbeit im Haus – Die Beziehung zwischen Mitarbeiterinnen und Hausbewohnerinnen
Die Bewohnerinnen
Warum ins Frauenhaus ? – Der erste Tag im Frauenhaus
Das Sozialamt
Der Alltag im Frauenhaus
Bedrohung
Veränderungen der Frauen im Frauenhaus
Kinderarbeit
Kreativtherapie
Zukunftsperspektiven
Begegnung mit Sabine und Martina nach fünf Monaten
TEIL II: Frauenhäuser in Italien
Die italienische Frauenhausbewegung
Entstehung des Frauenhauses in Bologna
Die Frauenpolitik des Zentrums
Die Beratung
Alltag im Frauenhaus – Interviews
Die Mitarbeiterinnen
Die öffentliche Meinung – Das Zentrum – Der erste Kontakt mit dem Zentrum – Die konkrete Arbeit im Zentrum und im Frauenhaus – Finanzielle Situation – Sozialhilfe? – Die Bedingungen und Regeln im Haus
Die Bewohnerinnen
Warum ins Frauenhaus?
Im Frauenhaus
Nach dem Frauenhaus
Selbsthilfegruppen Nontiscordaditè (Vergiß dich nicht) – Die Filmgruppe – Die Angst bleibt
Zwei Jahre später – Abschlußgedanken
Leseprobe
Die Entstehung der Frauenhäuser in der Bundesrepublik
Als vor nun mehr als 20 Jahren die ersten autonomen Frauenhäuser ihre Pforten öffneten war ein riesige Hürde genommen und ein weiter Weg beschritten.
Die Initiative zur Gründung autonomer Frauenhäuser wurde von ‘der’ autonomen Frauenbewegung gesetzt. Diese hat ihre Anfänge Ende der 60er Jahre, sie grenzte sich klar von der bürgerlichen Frauenbewegung ab, welche ihren Höhepunkt Mitte der 20er Jahre erreicht hatte.
Die Studenten- und Arbeiterbewegung Ende der 60er Jahre beschäftigte sich mit Befreiungsbewegungen aber auch mit staatlicher Gewalt und der Kontinuität von Faschismus, neue Begriffe wie den der ‘internationalen Solidarität’ und neue politische Ideen setzten sich durch. Parallel zur Kampagne gegen den Vietnamkrieg und die Notstandsgesetzgebung entstand auch bei den Frauen ein Bewußtsein für ihre spezifische gesellschaftliche Unterdrückung, was aber ihre ‚Genossen‘ wenig bewegte. Die Frauen waren zwar bei Aktionen und Demonstrationen massiv vertreten, in gemischten Diskussionszusammenhängen wurden ihre Belange aber bestenfalls zum berühmten Nebenwiderspruch degradiert, der bedeutet, daß ihre Benachteiligung nach einer Revolution von alleine beseitigt werden würde, da alleine die kapitalistischen Produktionsverhältnisse eine solche Benachteiligung benötigten. Da auch die meisten Frauen sich mit internationalen Befreiungsbewegungen beschäftigt hatten, erkannten sie im Verhalten ihrer Genossen, die schon fast traditionelle Ignoranz von ‘Revolutionären’ bezüglich der Situation von Frauen. Auch innerhalb der Studentenbewegung wurden Frauen nicht nur ignoriert, sondern auch eindeutig von patriarchalen Strukturen angegriffen. So bildete sich innerhalb des SDS schon im Januar 1968 die erste Frauengruppe: der »Aktionsrat zur Befreiung der Frauen«. Im Februar des gleichen Jahres wurde auf der 23. Delegiertenkonferenz des SDS in Frankfurt ein Redner der nicht bereit war, sich mit der Unterdrückung der Frauen auseinanderzusetzen, von weiblichen Delegierten mit Tomaten beworfen: »Kampagnen des SDS können Frauen zwar rational vermittelt werden, es fehlen ihnen aber die Voraussetzungen, die subjektiven Bedürfnisse der Frauen anzusprechen, deren Unterdrückung in der vom politischen Kampf aufgenommenen Privatsphäre unmittelbar und am stärksten erlebt wird. Doppelt frustriert sind die Frauen im SDS, wenn sie versuchen, dort politisch aktiv zu werden, das heißt, wenn sie über die Beteiligung an Demonstrationen hinaus wollen, wenn sie Referate, Reden halten, Diskussionsbeiträge liefern. Das Erfolgserlebnis ist ihnen versagt, weil auf ihre Beiträge niemals bezug genommen wird.« (‘Aktionsrat zur Befreiung der Frauen’ Resolution auf der 23. Delegiertenkonferenz des SDS, September 1968)
Den hauptsächlich studentischen Rahmen verließen die Frauen 1971, als sich während der Aktionen gegen den § 218 – der Forderung seiner ersatzlosen Streichung – bundesweit Frauen aus allen Gesellschaftsgruppen zusammenfanden.
In der Folge dieses breiten Bündnisses setzten sich aber eher reformistische Kräfte durch, was zur Folge hatte, daß es nicht mehr um die ersatzlose Streichung des § 218 ging, sondern lediglich um die Durchsetzung der sogenannten Fristenlösung. Diese wurde von der SPD/FDP – Regierung am 26. April 1974 mit Regierungsmehrheit als Gesetz verabschiedet.
Im Zusammenhang mit den Aktionen gegen den § 218 entstanden weitere Frauengruppen. Zu der bereits politisierten Linken, gesellten sich Frauen aus allen sozialen Schichten. Dadurch wurde auch das Themenspektrum kreativ und notwenig erweitert: Sexualität, Selbstbestimmung, Gewalt, Feminismus und Klassenkampf, internationale Frauenunterdrückung, Bevölkerungspolitik…
Nach der Durchsetzung der ‘Fristenlösung’ spaltete sich die noch junge Frauenbewegung in der Sozialdemokratie nahestehende Realpolitikerinnen und Autonome. Aber auch innerhalb der Autonomen, läßt sich der noch übrig gebliebene gemeinsame Nenner fast nur an dem Begriffes ‘autonom’ festmachen. Den Frauen ging es darum, in ihren Gruppen inhaltlich und organisatorisch unabhängig von Männern zu arbeiten. Die allen gemeinsame Unterdrückung durch patriarchalische Strukturen, die durch den Mann repräsentiert bzw. personifiziert werden, ist der gemeinsame Ausgangspunkt. Autonom arbeiten reduziert sich so definiert darauf, jeden Vertretungsanspruch sowohl von Männern als auch Frauen abzulehnen. Probleme und Schwierigkeiten von Frauen sollten nicht länger Privatsache einzelner Frauen sein, sondern gehen alle Frauen an.
Die Rote Zora – die Frauenorganisation der Revolutionären Zellen – griff als Antwort auf die Fristenlösung am 4.3.1975 das Bundesverfassungsgericht mit einem Sprengstoffanschlag an. Dies war Ausdruck einer neuen Qualität der militanten Frauenorganisierung in der BRD. Es folgten weitere Anschläge. -Ebenso aber ein Ausdruck dafür, welche Spannbreite, die immer noch unter dem Begriff ‘die autonome Frauenbewegung’ subsumierte Bewegung, inzwischen einnahm. In den folgenden Jahren erkämpften sich Frauen eigene, autonome Strukturen: Frauenbuchläden, Verlage, Druckereien und Zentren erweiterten das Informationsnetz.
Mit der § 218 Kampagne wurden auch verstärkt das Problem ‘Gewalt’ diskutiert und politische Gegenentwürfe konkreter geplant. Auf einigen internationalen und nationalen Frauenkongressen wurde der Gewaltbegriff wie folgt definiert:
Gewalt gegen Frauen umfaßt physische, psyische, soziale und ökonomische Gewalt. Gewalt gegen Frauen ist jeglicher Angriff auf die Integrität des Körpers der Frau