Haydar Isiks Roman »Dersim Tertelesi« (Die Zerstörung von Dersim) erschien im November 1996 auf Türkisch im Verlag Belge in Istanbul. Es handelt sich um einen historischen Roman über die Niederschlagung des alewitisch-kurdischen Aufstands von Dersim/Türkei (heute Tunceli) 1937/38.
Im Zentrum der Handlung steht das Schicksal des Dorfes Mergasur in Ost-Dersim, einsetzend im Winter 1937/ 8. Die türkische Militäraktion gegen West-Dersim ist bereits in vollem Gange, nach einem außerordentlich harten Winter werden auch die Dörfer Ost-Dersims geräumt, ein großer Teil der Bevölkerung wird umgebracht, wer überlebt wird in den Westen der Türkei deportiert. Im weiteren Verlauf konzentriert sich die Geschichte auf das Schicksal einer jungen Frau, die als kleines Mädchen die Massaker überlebt hatte.
»Die Erinnerung schläft nie – Haydar Isiks Buch über den Völkermord an den Kurden
Ein Völkermord, der nie in das Bewusstsein Europas und der Welt gedrungen ist: Im Frühjahr 1938 drang türkisches Militär in fast ausschließlich von Kurden bewohnten Ostteil der Provinz Dersim ein, brannte Dörfer nieder und massakrierte Tausende von Zivilisten – Männer, Frauen, Kinder. Die Überlebenden werden in die Westtürkei deportiert. Nach getaner Arbeit wird die Provinz umbenannt: „Tunceli“, „Eiserne Hand“ heißt sie bis heute. Haydar Isik ist im Jahr 1937 in Dersim geboren, und seine ganze Kindheit über hörte er die Erzählungen von den Massakern, deren Grausamkeit auch einem Leser von heute noch schlaflose Nächte bereiten kann. Jahrzehnte lang gab es kein literarisches Zeugnis dieser Gräueltaten. Nach offizieller türkischer Leseart gab es ja gar keine Kurden, und der Gebrauch der kurdischen Sprache war bis vor wenigen Monaten bei Strafe verboten. Isik, der seit 1974 in Deutschland lebt und von der Türkei wegen seiner schriftstellerischen Tätigkeit ausgebürgert wurde, hat dieses Tabu gebrochen. Sein Roman Die Vernichtung von Dersim erzählt in einer Sprache, deren naives Pathos die Brutalität der Ereignisse nicht mildert, die Geschichte des Mädchens Gule, das nach einer Massenerschießung unter der Leiche seiner Mutter überlebt, von einem Türkischen General als Geschenk für dessen kinderlose Ehefrau mitgeschleppt wird und erst kurz vor dem Tod ihrer Stiefmutter von ihrer wahren, kurdischen Identität erfährt.« – HH,Süddeutsche Zeitung (SZ-Extra) 12. Dezember 2002