Kritisch-lesen über ›Autismus ist keine Krankheit‹

UNRAST VERLAG Pressestimmen Kritisch-lesen über ›Autismus ist keine Krankheit‹

»Mitte der 1990er Jahre formierte sich schrittweise die Neurodivergenz-Bewegung. Sie bezog sich auf Erfahrungen der früheren Behinderten- und Anti-Psychiatrie-Bewegung, entwickelte diese jedoch maßgeblich weiter. Statt Neurodivergenz weiterhin zu pathologisieren, sollte sich die Sichtweise auf Gehirnstrukturen, Wahrnehmungen und Denkmuster sowie Persönlichkeit und soziales Verhalten erweitern. Daraus erwachsen nicht allein sensible und wertschätzende Umgangsweisen untereinander, sondern neue Perspektiven darauf, wie Gesellschaft emanzipatorisch transformiert werden kann. (…) Jodie Hares fokussiertes und gut lesbares Buch zum Thema ist Teil dieser Debatten und Entwicklungen. (…) Hare weist auf Studien hin, in denen nachgewiesen wird, dass neurodivergente Menschen übermäßig stark von Armut und Jobverlust, Obdachlosigkeit und Drogenmissbrauch betroffen sind, die zu weiteren sozialen Schwierigkeiten, psychischen und körperlichen Erkrankungen sowie einer höheren Bedrohung durch Polizeigewalt führen. (…) In diesem Zusammenhang positioniert sich die Autorin klar antikapitalistisch, insofern die Verknappung von Ressourcen (hinsichtlich Pflege, medizinischer Versorgung, Sorgearbeit usw.) Ausdruck der eklatanten und zunehmenden Ungleichheit in der Klassengesellschaft ist. Statt Neurodivergenz vorrangig nach medizinischen Modellen zu betrachten und als Abweichung einer (ohnehin fiktiven) kognitiven, gesundheitlichen und sozialen Norm zu behandeln, gilt es mit dem Pathologie-Paradigma zu brechen. Zugleich bedeutet dies, Behinderungen nicht zu leugnen, sondern sie ernst zu nehmen (…). Jodies Hares dünnes Buch ist eine geeignete Einführung in das Themengebiet ›Politik der Neurodiversität‹. Daher muss auch Michael Schiffmann für seine zügige Übersetzung gedankt werden.« − Jonathan Eibisch, kritisch-lesen.de, 14. Oktober 2025

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