»Die unvereinbare Gegenüberstellung von materialistischem, marxistischem Feminismus und queerfeministischen, postmodernen Ansätzen wird im aktuellen politischen Diskurs vorausgesetzt. Dass die beiden Ansätze allerdings nicht nur Unterschiede, sondern auch viele Gemeinsamkeiten haben, ist Ausgangspunkt von Friederike Beiers Sammelband Materialistischer Queerfeminismus – Theorien zu Geschlecht und Sexualität im Kapitalismus. Die Herausgeberin beobachtet in ihrer Einleitung eine Überbetonung der Unterschiede zwischen den beiden feministischen Strömungen und möchte dem eine Darstellung der Verbindungen durch ausgewählte Texte verschiedener Autor_innen gegenüberstellen. (…) Am Ende bleibt als übergeordnete Hauptthese des Sammelbandes, dass die Entkoppelung von Geschlecht, Sexualität und Marxismus in der Theoriebildung entschieden abgelehnt werden muss aufgrund der Verflechtung von Patriarchat und Kapitalismus. Der Leserin dürfte deutlich werden, dass auch Geschlecht und Sexualität nicht als voneinander getrennt betrachtet werden können, denn der Mythos Frau (nach Wittig) wird im Heterosexismus konstruiert. Durch die beschriebene strukturelle Ähnlichkeit im Klassenkampf und in Identitätspolitik wird eine einheitliche theoretische Basis geschaffen. Es wird im Sammelband außerdem markant beobachtet, dass sich Materialist_innen und Queerfeminist_innen gegenseitig naturalisierende Prozesse vorwerfen. Dieser Vorwurf wird aber nur in eine Richtung aufgelöst: Die Konstruktion von Geschlecht und Klasse als etwas, das überwunden werden kann, da es sozial konstruiert und historisch entstanden ist, bezieht sich lediglich auf den materialistischen Standpunkt. Diese materialistische Perspektive versucht die bestehenden, expandierenden Kategorisierungen als Einheit zu fassen, ohne die einhergehende Fragmentierung im Detail zu besprechen und Verflechtungen mit neoliberalem Identitätszwang zu problematisieren. Vielleicht ist dies ein notwendiger Kompromiss, um die Verbindung von Queerfeminismus und Materialismus stärken zu können – ein Spagat, der dem Buch zweifellos gelingt.« – Helena Hanneder, GENDER – Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 1-2025