»Von Thesen wie ›überirdischer Intelligenz‹ hält Matteo Pasquinelli nichts. Wenn der Philosoph in seinem jüngsten Buch diesen Diskurs mit der These ›Arbeit ist der erste Algorithmus‹ konterkariert, will er einen Mythos auf seinen sozialen Urgrund zurückführen. (…) Überzeugend arbeitet Pasquinelli dabei heraus, dass Algorithmen ›ihren Ursprung in sozialen und materiellen Aktivitäten‹ haben, mithin aus den ›Sorgen des Lebens‹ entstanden seien. So wie Maschinen nur die Verschmelzung verschiedener Werkzeuge für einzelne manuelle Tätigkeiten waren, ist auch der Computer auf einer noch höheren Ebene eine Abstraktion menschlicher Arbeit. (…) Pasquinellis Buch kommt zur rechten Zeit. Im Gegensatz zu vielen alarmistischen Streitschriften derzeit ordnet Pasquinellis gedanklich brillantes, äußerst anspruchsvoll geschriebenes und voraussetzungsreiches Buch das Thema so unaufgeregt wie souverän in eine longue durée der Sozialgeschichte ein. Das heißt nicht, dass der linke Philosoph keine Gefahren sieht. Die liegen für ihn aber eher darin, dass das ausufernde algorithmische Modellieren kollektiven Wissens ein ›monopolistisches Regime des Wissensextraktivismus in globalem Ausmaß‹ erzeugt hat. (…) Legt man Pasquinellis Botschaft, dass KI selbst als schimmernde High-End-Technik ›nur‹ die Form der menschlichen Arbeit spiegelt, zugrunde, ergibt sich für einen progressiven Diskurs statt der Beschwörung von Angst die Frage: Wer eignet sich wie das darin aggregierte Wissen an – und zu welchem Zweck?« – Ingo Arend, taz, 26. Oktober 2024