»In ›Vergessene Proteste. Internationalismus und Antirassismus 1964-1983‹ zeichnet Niels Seibert die Entwicklung linker Aktivitäten von der Unterstützung anti(neo-)kolonialer Bewegungen bis hin zum Beginn des Widerstands gegen die bundesrepublikanische Ausländer- und Asylpolitik nach. Der Autor liefert damit einerseits einen Beitrag zur aktuellen ›40 Jahre 1968‹ Debatte, in dem er auf den hohen Stellenwert antikolonialer und internationalistischer Themen innerhalb der Neuen Linken verweist, er schreibt aber zugleich die Vorgeschichte der antirassistischen Aktivitäten der radikalen Linken von den 90er Jahren bis heute. (…) Seibert gelingt es dabei in der Tat einige, trotz des aktuellen 1968- Gedenkjahresrummels ›vergessene Proteste‹ wieder in Erinnerung zu rufen. Denn heute erinnert sich kaum noch jemand an den Stellenwert, den etwa der antikoloniale Befreiungskampf in den portugiesischen Kolonien Angola, Guinea-Bissau und Mosambik für die hiesige Linke hatte. (…) Als Konsequenzen aus diesen Erfahrungen werden oftmals die globalen Befreiungsentwürfe gegen die konkrete Arbeit mit Flüchtlingen vor Ort und den Kampf gegen den bundesdeutschen Alltagsrassismus getauscht. (…) Allerdings kann es auch bei dieser konkreten Flüchtlingsarbeit zu antiemanzipatorischen Entwicklungen kommen, etwa wenn die Flüchtlingspolitik nur noch entpolitisiert-moralisch und paternalistisch betrieben wird. Um diesen Fallstricken zu entgehen, regt Niels Seibert eine Verbindung des Antirassismus mit dem Internationalismus an. Diese Kombination soll den Kampf gegen das deutsche Migrationsregime und gegen den Alltagsrassismus der Bevölkerung mit der Bekämpfung der globalen Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnissen verknüpfen. Bezugspunkte und Anregungen für diese Verbindung werden in ›Vergessene Proteste‹ vorgestellt.« – Jens Benicke, grundrisse, September 2008