Tageblatt über ›Neue Töchter Afrikas‹

UNRAST VERLAG Pressestimmen Tageblatt über ›Neue Töchter Afrikas‹


»1992 wurden mit der Anthologie Daughters of Africa erstmals Texte von über 200 afrikanisch-stämmigen Autorinnen aus verschiedensten Epochen versammelt. Bis heute kommt dem Werk eine Pionierrolle in der Rezeptionsgeschichte Schwarzer Schriftstellerinnen zu. 2019 wurde die Folgeanthologie New Daughters of Africa mit über 200 neuen Beiträgerinnen herausgegeben. Nun ist mit dem Band Neue Töchter Afrikas eine Auswahl von 30 Texten in der deutschen Übersetzung erschienen. Mit einer Mischung aus Lyrik, Essays und Kurzgeschichten weisen die Beiträge sowohl formal als auch thematisch eine große Diversität auf. Entgegen jeglicher Homogenisierungstendenzen, auf die afrostämmige Autorinnen im Literaturbetrieb so oft reduziert werden, wie Lesley Lokko in ihrem brillanten Essay Nicht mehr als drei, bitte!‹ schildert, legt der Band Zeugnis von der Vielfalt und Kreativität Schwarzer Literatur ab. Die Beiträge spannen ein vielschichtiges Panorama, dessen Erfahrungshorizonte so individuell sind wie die Protagonistinnen selbst. Sie eröffnen verschiedenste Themenbereiche, die von Freundschaft, Familie und Krankheit über Identitätsfragen bis hin zu den Folgen des Kolonialismus oder der Geschichte der Schwarzen Frauenbewegung reichen. Gemeinsam sind den Beiträgen jedoch die Erfahrung der Diaspora und der intersektionale Blick. Sie zeigen, inwiefern Hautfarbe, Geschlecht und soziale Herkunft auf jeder Stufe in Wechselwirkung zu institutionalisiertem Rassismus und Sexismus treten. Durch die Kombination aus Essays und Kurzgeschichten wird eine Ergänzung der theoretischen Zugänge um narrativierte Perspektiven gewährleistet. Beispielhaft für die Kraft, die letztere entwickeln können, steht unter anderem Yvvette Edwards’ Kurzgeschichte Sicherheit. Die ältere Schwarze Protagonistin Merle wird vom weißen Sicherheitsmann eines Geschäfts sofort als potenzielle Diebin ausgemacht. Erst als sie ihn anspricht, weist sein gebrochenes Englisch ihn ebenfalls als Migranten aus.  Wut und Frust sprechen in solchen Momenten aus den Figuren: ›Weil es ihm, bis er den Mund auftat, gelungen war durchzukommen, sich stillschweigend innerhalb des Systems als Einheimischer zu positionieren, während sie dazu gebracht wurde, sich nach über 45 Jahren immer noch wie eine Ausländerin zu fühlen? ‹

Die mal informativen, mal reflektierenden, mal emotionalen oder kämpferischen Beiträge zeichnen nuancierte Porträts darüber, was es bedeutet, die Welt nicht nur als Frau, sondern als Schwarze Frau mit einer jeweils eigenen Herkunft, Lebensgeschichte und Identität zu navigieren. In einer Zeit, in der vielfach darüber gestritten wird, inwiefern sich Angehörige einer weißen Mehrheitsgesellschaft in solche Erfahrungen hineinfühlen können, eröffnet dieser Band wichtige Perspektiven und bestätigt erneut das bereichernde Potenzial von Literatur, die das eigene Blickfeld erweitert und uns die Auseinandersetzung mit fremden Erfahrungshorizonten ermöglicht.« – Sophie Modert, Tageblatt 29.07.2023

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