»Das erste deutschsprachige Buch, das den Aufstand der Zapatistas in umfassender Weise darstellt, bringt ihn auch in Zusammenhang mit der jüngeren mexikanischen Geschichte und Politik, dem zapatistischen Politikverständnis und analysiert seine Ausstrahlung auf die weltweite Antiglobalisierungspolitik. Zwar hat es in den letzten sieben Jahren eine Reihe von Büchern gegeben, doch angefangen bei dem Aufstand der Indios in Chiapas (Schmidt, 1996) bis hin zu FOXtrott in Mexiko (Boris & Sterr 2002) unterscheiden sich diese Bücher vom Vorliegenden darin, dass sie nur zeitlich, geographisch oder inhaltlich begrenzte Teile des Konflikts beleuchteten.
Im kurzen, aber wichtigen Schlußteil –Reflexion: Entwicklungen des zapatistischen Aufstands wird das zapatistische Politikverständnis beleuchtet, zu dem in den vergangenen Jahren bereits viel publiziert wurde. Die Kernpunkte der linken Diskussion zu diesem Thema werden hier noch einmal zusammengefasst und kritisch gewertet, Stichworte wie indigene Identität, das Verhältnis zu Macht und Herrschaft, Tradition, Nation, Nationalstaat und Würde werden auf ihren Inhalt geprüft. Würde, beispielsweise, ist ›ein Wort, welches weder in der kapitalistischen Wirtschaftslogik noch in der marxistischen Theorie (..) Bedeutung gegeben wird.‹ Zu Unrecht, ist doch die Würde die positive Kehrseite dessen, was bei Marx unter dem Begriff Entfremdung erscheint und ›kann so zu einem Gewinn an Eigenständigkeit führen.‹
Wichtig auch, dass mit klaren Worten auf die aus eurozentrischer Sicht formulierte Kritik am ›Nationalismus‹ der EZLN eingegangen wird: ›Gerade für die Diskussion in Europa ist es wichtig herauszustellen, dass die EZLN unter keinen Umständen als nationalistisch zu beurteilen ist (…) Die ›nación‹ ist (..) keineswegs gleich bedeutend mit der Nation‹ der westlichen Linken. Während unsereins stets – und gerade in Deutschland – zu einer konstruierten Nation gehörte, zu der wir nicht gehören wollen, sind die Indígenas Mexikos … stets aus der Nation ausgeschlossen worden….. Die ›nación‹ der EZLN ist daher eher mit ›Gesellschaft‹ denn mit ›Nation‹ zu übersetzen.‹
Pflichtlektüre
Der flüssig zu lesende Text wird durch Fußnoten ergänzt, die wichtige Detail- und Hintergrundinformationen bieten. Das Buch ist so gegliedert, dass man sich mühelos darin zurechtfindet und die gezielte Suche nach Informationen leicht fällt – womit es ein Nachschlagewerk zu diesem Abschnitt der mexikanischen Geschichte darstellt. Mit seinen knapp 300 gut recherchierten Quellenangaben ist es praktisch das erste deutsche Handbuch zum Thema, dass zum Taschenbuchpreis verkauft wird. Ein Grund mehr, es zur Pflichtlektüre für alle zu erklären, die sich mit Mexiko im Allgemeinen und Chiapas im Besonderen befassen oder an Fragen der globalen Rezeption des zapatistischen Politikverständnisses arbeiten.
Bleibt zu wünschen, dass das Buch im deutschsprachigen Raum als Korrektiv für das ungerechtfertigte Nachlassen der Resonanz auf die Inspirationen, die von dem zapatistischen Projekt ausgingen und ausgehen, wirkt. Die Qualität dafür hat es.«
– Peter Clausing, Lateinamerika Nachrichten # 349/350, Juli/August 2003