SoZ – Sozialistische Zeitung über ›Spezialoperation und Frieden‹

UNRAST VERLAG Pressestimmen SoZ – Sozialistische Zeitung über ›Spezialoperation und Frieden‹


»Als Russland die Ukraine angriff, kamen auf den Straßen in Moskau und St.Petersburg spontan Tausende zusammen und schrien: ›Nein zum Krieg‹. Die anfängliche Hoffnung auf eine linke Massenbewegung gegen das Putin-Regime wich jedoch schnell der Ernüchterung.
Ein Jahr später stellen sich allen, die ihre Perspektive auf Frieden mit emanzipatorischen Bewegungen verbinden, viele Fragen an die Linke in und aus Russland. Ewgeniy Kasakow hilft mit seinem Buch Spezialoperation und Frieden. Die russische Linke gegen den Krieg, nach Antworten zu suchen.

Der Autor zeigt, dass die wichtigste Trennlinie in Russland nicht zwischen ›links‹ und ›rechts‹ verläuft: ›Es gibt kremlloyale Linke, Liberale, Nationalisten und oppositionelle Linke, Liberale, Nationalisten. ‹ Galt dies in dem von Putin konsolidierten System schon länger, ist für Ilja Budraitskis von der Russischen Sozialistischen Bewegung (RSD) der Krieg ›Auslöser für ein Schisma in der russischen Linken‹, das bewirkt hat, dass es gar keine Beziehungen mehr gibt zwischen ›dem antiimperialistischen Teil‹ und denen, die die ›Spezialoperation‹ unterstützen.
An verschiedenen Stellen des Buches wird deutlich, dass diesem Schisma bereits andere militärische Vorstöße des imperialen Staates und damit verbundene Kontroversen in der russischen Linken vorausgingen. Bereits der Krieg gegen Georgien 2008 und die Annexion der Krim 2014 führten zu Spaltungen und Umgruppierungen in der Linken.

Verschiedene Formate
Kasakow hat verschiedene Formate verwoben: Kontextualisierungen ›falscher Fragen‹ (wie die Frage: ›Wie links ist Putin? ‹), Entstehungsgeschichten von politischen Strömungen und Milieus seit 1991, persönliche Erklärungen linker Akteur:innen und Stellungnahmen von Organisationen im Jahr 2022 sowie Interviews mit Protagonist:innen.
Dabei mag es zunächst so scheinen, als sei ein großer Teil des Buches nicht dem Krieg und der Bewegung gegen ihn gewidmet, sondern der Geschichte von Organisationen. Manche:r mag im Laufe der Darstellung stalinistischer Kleinparteien in der Nachfolge der KPdSU, der Spaltungs- und Fusionshistorie der trotzkistischen Gruppen oder der Organisierungsansätze von Sozialdemokrat:innen und Anarchist:innen den Zusammenhang zur heutigen Antikriegsbewegung nur noch erahnen.
Doch es setzt sich ein Mosaik zusammen. Zäsuren werden bewusst, Zusammenhänge werden verständlicher und ermöglichen, die Grautöne in der Debatte einzuordnen. So gibt es ein gewisses Spektrum von Bewertungen der Situation im Donbas seit 2014 auch innerhalb der Antikriegslinken. Nicht alle Handelnden lassen sich eindeutig einer der beschriebenen linken Haupttendenzen, ›gegen alle‹ und ›Sieg der Ukraine‹, zuordnen. […]

Das Buch hilft Linken in Deutschland, Perspektiven der russischen Linken besser zu verstehen. Inzwischen leben viele von ihnen im Exil und gehen hier gegen Putins Krieg auf die Straße. Spezialoperation und Frieden nützt uns bei einem Schulterschluss.
Bei einer Neuauflage sollten ein Register der Organisationen und Personen sowie eine Zeittafel zu den Entwicklungen von 1991 bis 2022 ergänzt werden. Dann könnte es zu einem Handbuch für alle werden, die sich aktivistisch oder wissenschaftlich mit der Linken in und aus Russland auseinandersetzen.« – Christoph Wälz, SoZ 3/2023

Zur vollständigen Rezension…