Telepolis über ›Spezialoperation und Frieden‹

UNRAST VERLAG Pressestimmen Telepolis über ›Spezialoperation und Frieden‹


»›Seit Beginn der ›Militärischen Spezialoperation‹ der russischen Streitkräfte in der Ukraine nahmen Tausende Menschen in Russland an Antikriegsprotesten teil. Allein in den ersten Wochen wurden 13.800 Menschen festgenommen‹ schreibt der in Bremen lebende Historiker Ewgeny Kasakow in seinen kürzlich im Unrast-Verlag erschienen Buch Spezialoperation und Frieden – die russische Linke gegen den Krieg. Zunächst gibt Kasakow einen allgemeinen Einblick in die politische Lage in die Ukraine und Russland. Dort beschreibt er das Putin-Regime sehr differenziert: ›Man kann nicht das unter Putin entstandene Herrschaftssystem erklären, wenn man sich lediglich auf den Repressionsaspekt konzentriert und die massive Integrationskraft des Regimes unbeachtet lässt. ‹ So gibt es Putin gegenüber loyale Monarchisten ebenso wie Sowjet-Nostalgiker, Marktwirtschaftler und auch manche, die sich als Linke begreifen. Die aber lässt er im Buch rechts liegen.

Kasakow konzentriert sich auf den Teil der Linken, die den Einmarsch in die Ukraine klar ablehnen. Hier hat er Pionierarbeit geleistet und stellt die verschiedenen Fraktionen der Linken von Sozialdemokraten, Gewerkschaftern bis zu Feministinnen und Anarchisten vor, zeichnet ihre Spaltungen und Zerwürfnisse nach und widmet sich dann der Frage, wie sie sich theoretisch und praktisch zum Krieg in der Ukraine positionieren.

Die Kommunistische Partei Russlands und der Ukraine-Krieg

Wie wichtig Kasakows Anspruch ist, einen differenzierten Blick auf die verschiedenen Gruppen zu werfen, zeigen die unterschiedlichen Positionen zum Ukraine-Krieg in der größten russischen Oppositionspartei, der Kommunistischen Partei Russlands. Die sozialkonservative Parteiführung gibt sich als Unterstützerin der russischen Außenpolitik. Doch an der Basis waren schon zu Beginn des Krieges andere Töne zu hören. So haben die ›Resolution des runden Tisches der linken Kräfte‹ vom 24. Februar 2022 auch Mitglieder der Kommunistischen Partei Russlands unterzeichnet. Dort heißt es ganz klar. ›Wir verurteilen die (…) Invasion in die Ukraine, weil sie zum Tod von Tausenden von Menschen auf beiden Seiten führen wird. Die ökonomische Lage der Werktätigen beider Länder wird sich verschlechtern.‹ Fast ein Jahr später zeigt sich, wie recht die Verfasser dieser Resolution hatten. Kasakow zeigt auch, dass die Politiker der Kommunistischen Partei Russlands, die sich für eine Anerkennung der östlichen Provinzen der Ukraine als Teil Russlands aussprachen, gegen eine Ausweitung des Konflikts waren. Sie unterstützten die Absatzbewegung der Donbass-Republiken, die auch von einem Teil der dortigen Bevölkerung getragen wurde, sprachen sich aber gegen den Angriff auf die übrige Ukraine aus.

In einem eigenen kleinen Kapitel widmet sich Kosakow dem Phänomen des Linksstalinismus, was eigentlich als Widerspruch erscheint, zumindest, wenn Emanzipation und Kampf gegen Macht und Autoritäten als einem unverzichtbaren Teil linker Politik betrachtet wird. Bei den von Kosakow beschriebenen Linksstalinisten handelt es sich meist um kleine Gruppen, die oft auch schnell zerfallen oder ihre poststalinistischen Positionen revidieren. So schreibt der Autor, dass es zur Annäherung zwischen ehemaligen Linksstalinisten und Trotzkisten kommt, manche öffnen sich sogar feministischen Diskussionen. Die Ablehnung des Ukraine-Kriegs ist dort weitverbreitet.

[…] Es ist ein Verdienst von Kasakows Buch, dass dort die hierzulande verschwiegene linke Opposition in Russland zu Wort kommt. ›Meinst Du die Russen wollen Krieg? ‹ So lautete der Titel eines eindrucksvollen Gedichtes des sowjetischen Schriftstellers und Dichters Jewgeniy Jewtuschenko. Lange wurde es von denen zitiert, die sich für gute Beziehungen zur Sowjetunion und später zu Russland aussprachen. Nach dem 24. Februar 2022 wagte kaum noch jemand, das Gedicht zu zitieren.Doch Ewgenly Kasakow zeigt, dass längst nicht alle Menschen in Russland Krieg wollen. Im Gegenteil, viele nehmen Repressalien in Kauf, indem sie ihre Ablehnung des Krieges offen zeigen. Hier gäbe es Bündnispartner für die Menschen in aller Welt, auch in der Ukraine, die nach fast einem Jahr das Töten beenden wollen. Mehrmals geht Kasakow in seinen Fragen auch auf die Zimmerwalder Linke ein – ein Bündnis von Arbeiterparteien, die im Ersten Weltkrieg den Militarismus auf allen Seiten bekämpften. Eine wichtige Kraft in der Zimmerwalder Linken waren 1915/16 die Bolschewiki.« – Peter Nowak, Telepolis 16. Februar 2023

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