H-Soz-Kult über ›Heinz Langerhans: Die totalitäre Erfahrung‹

UNRAST VERLAG Pressestimmen H-Soz-Kult über ›Heinz Langerhans: Die totalitäre Erfahrung‹


»Nachdem das Interesse am historischen Linkskommunismus unmittelbar vor und nach 1968 besonders groß gewesen war und eine Reihe wichtiger Studien etwa von Hans Manfred Bock, Erhard Lucas oder Michael Buckmiller hervorgebracht hat sowie nach dem Zusammenbruch des Staatssozialismus noch einmal aufgeflammt war, ist in jüngster Zeit erneut eine kleine Konjunktur zu beobachten. Das hier anzuzeigende Buch ist neben einem im vergangenen Jahr erschienenen Überblickswerk zum Rätekommunismus bereits die zweite Monografie, die Felix Klopotek zu diesem Thema vorlegt. Wie in seiner exzellent informierten Ideengeschichte dieser politischen Strömung, interessiert sich der Autor auch in dieser ›Werkbiographie‹ für die Theorie, die einen dezidierten Kontrapunkt sowohl zur Sozialdemokratie als auch zum stalinistischen Kommunismus setzte. Man spekuliert wohl nicht zu viel, wenn man annimmt, dass beide Bücher in einem engen Produktionszusammenhang entstanden sind. Anders als das Überblickswerk konzentriert sich Klopoteks neues Buch auf einen einzigen Protagonisten, den er dem Vergessen entreißt. Geläufig war der Name Heinz Langerhans (1904–1976) schon, als Vertrauter der einstigen KPD-Vorsitzenden Ruth Fischer, Freund Karl Korschs und zeitweiliger Mitarbeiter des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt am Main und im US-Exil. Doch über die Arbeiten des bei Max Horkheimer promovierten, nach der Remigration in Saarbrücken und Gießen lehrenden Politikwissenschaftlers war nur wenig bekannt. Dies ändert Klopoteks Buch nun grundlegend, das im Wesentlichen auf Langerhans’ erst kürzlich entdecktem Nachlass beruht. Es ist gedacht als Auftakt für eine Werkausgabe, die dessen Schriften zugänglich machen soll.

Für die Forschung ist Klopoteks Arbeit ein Glücksfall, weil sie der Geschichte linker Sozialwissenschaftler, die sich in der Revolutionszeit radikalisierten, einen gewichtigen Baustein hinzufügt. […]

Während Klopotek das Anregungspotenzial der theoretischen Einsichten herausarbeitet, steht er der politischen Praxis Langerhans’ in den Exiljahren kritisch gegenüber – seiner Teilnahme an Ruth Fischers antistalinistischem Furor, der auch Leute wie Paul Tillich und Ludwig Marcuse traf, die in ihrer Zeitschrift als nützliche Idioten Moskaus denunziert wurden. ›Vor lauter Antistalinismus‹, so Klopotek, ›gerät ihm [d.h. Langerhans] die Gegenwart des westlichen Kapitalismus mit all seinem imperialen, antikommunistisch-antiproletarischen Potenzial völlig außer Blick.‹ (S. 249) […] Dass die ›Werkbiographie‹ – im Gegensatz zu den konzisen Miniaturen des ›Rätekommunismus‹-Buches – streckenweise wie eine Meditation über die feinsten Verästelungen von Langerhans’ Thesen und Herleitungen wirkt, mitunter versetzt durch philologische Grabungen, nimmt man angesichts des reichen Gewinns gern in Kauf. Klopoteks faszinierende Langerhans-Lektüren demonstrieren einmal mehr, wie anregend linkskommunistisch inspirierte Sozialwissenschaftler der Weimarer Republik auch nach ihren aktivistischen Jahren sein konnten.« – Detlef Siegfried, H-Soz-Kult, 29. September 2022

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