contraste über ›Revolutionäre Stadtteilarbeit‹

UNRAST VERLAG Pressestimmen contraste über ›Revolutionäre Stadtteilarbeit‹


»In dem jüngst erschienenen Sammelband Revolutionäre Stadtteilarbeit finden sich fünf Interviews mit fünf verschiedenen Stadtteilgruppen aus vier deutschen Großstädten. Für die dazugehörige Auswertung der Gespräche zeichnet die Herausgebergruppe ›Vogliamo tutto‹ verantwortlich. Auch die Beiträge einer Diskussion mit Delegierten zweier Gruppen sind enthalten. Vogliamo Tutto ist ein kleiner politischer Zusammenhang von Menschen in Berlin, die eine revolutionäre und antiautoritäre Positionierung verbindet. Die theoretisch arbeitende Gruppe hat selbst keine Erfahrung mit Basisarbeit, findet den Ansatz aber spannend, weil er eine Perspektive biete, die Selbstisolation der Linken zu überwinden. Im Zeitraum von 2015 bis 2018 fand in Teilen der deutschsprachigen antikapitalistischen Linken eine Debatte um Basisorganisierung statt, die den strategischen Hintergrund der Interviews des Buches bildet. Kritisiert wurden in der Debatte zwei dominante Praxismodelle in der radikalen Linken: die Praxis des Schaffens und Verteidigens linker Freiräume sowie die Kampagnenpolitik. Dagegen wurde die Auffassung vertreten, es sei notwendig, die eigene Szene zu verlassen und auf Menschen mit anderen Überzeugungen zuzugehen.

Vogliamo Tutto hat im Rahmen der Interviews drei Typen von Stadtteilgruppen ausgemacht. Die Initi­ative ›Wilhelmsburg Solidarisch‹ (Hamburg) verfolgt das Konzept der solidarischen Selbstermächtigung. Die Solidarisch-Gruppe sucht das gemeinsame Gespräch mit den Nach­bar*innen, um sich über die Miete, die Lohnarbeit oder die Konfrontation mit den ›Ämtern‹ auszutauschen. ›Hände weg vom Wedding‹ (Berlin) versteht sich als politischer Akteur im Stadtteil. Zeit und Kraft werden an den bereits linken Teil des Stadtteils adressiert. Versucht wird, eine Bewusstseinsänderung in der Stadtteilöffentlichkeit insgesamt zu erreichen. Dem Konzept des Aufbaus antikapitalistischer Gegenmacht – dem schwierigsten Weg – werden ›Berg Fidel Solidarisch‹ (Münster), ›Solidarisch in Gröpelingen‹ (Bremen) und die ›Kiezkommune Wedding‹ (Berlin) zugeordnet.

Skeptisch macht die homogene Zusammensetzung einiger Gruppen – ›junge, weiße Menschen mit akademischem Background‹. Zudem wurde bereits in der Debatte um die Basisorganisierung zwischen 2015 und 2018 die Gefahr autoritärer Stellvertreterpolitik durch die so genannten ›Initi­ativkräfte‹ thematisiert, also derjenigen Aktivist*innen, die den Kern der Gruppen bilden und ihren Aufbau betreiben. Trotzdem ist in dem Buch Vieles über Organisationsaufbau, Strategien und Praktiken zu erfahren. Es ist eine wichtige Handreichung für Stadtteilaktivist*innen. Es liefert reichhaltiges Reflexionsmaterial und kann für die politische Arbeit sehr hilfreich sein.« – Anne Seeck, contraste 456, September 2022

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