Infosperber über ›Eine Welt – ein Klima‹

UNRAST VERLAG Pressestimmen Infosperber über ›Eine Welt – ein Klima‹


»[…] Ja, die Weisheit alter weiss(haarig)er Männer allein bringt uns sicher nicht weiter. Drum zum Schluss noch eine anders geartete Schrift: Eine Welt – ein Klima, erschienen als Band 10 der Studien zur globalen Gerechtigkeit im Unrast-Verlag, welcher in Münster seit den 1990er Jahren linksorientierte ›Bücher der Kritik vertreibt und punkto soziale Bewegungen immer wohltuend offen am Puls der Zeit bleibt. »Dieses kleine Buch ist eine grosse Sache‹, schreibt Ari Lewis von der kanadischen Gruppe ›The Leap‹, aus deren Umfeld die nicht nur farblich frohen Illustrationen von Molly Crabapple stammen. Sie passen zur inhaltlich bunten Sammlung kurzer Texte aus verschiedenen Weltecken. Wer die Bilder belebt sehen und so einen ersten Eindruck der hier vermittelten Vision gewinnen will, wird bei Youtube mit der Suchanfrage ›The Years of Repair‹ fündig.  Der vom weltweiten Klimastreik befeuerte Protest und die mit einem Green New Deal verknüpfte Aufbruchstimmung eröffne tatsächlich neue globale Perspektiven, falls darin das Element der Gerechtigkeit gestärkt und die Parole vom ›System Change‹ mit Inhalt gefüllt wird, betont das englische Redaktionsteam. Doch ohne die Anerkennung einer wechselseitigen Abhängigkeit – bei der Klimakrise wie bei deren Eindämmung – besteht die Gefahr, ›in einem grüngewaschenen Kolonialismus‹ zu landen. Analysen zu diesem Aspekt sind darum zentral und es kommen dazu Stimmen aus dem globalen Süden zu Wort, die sonst besonders im deutschsprachigen Raum wenig Gehör finden. Leute aus Ländern mit starker Kolonialvergangenheit sehen die Verantwortung deutlicher, welche daraus erwächst. Von internationalen Konzernen diktierte Investitionsabkommen, die wirtschaftliches Wachstum und Entwicklung versprechen, erweisen sich als besonders gefährliche Instrumente, aber auch Naturschutzmassnahmen und Klimakompensation bedeuten für die Menschen vor Ort oft vor allem Zerstörung von Lebensraum und sind Landraub. Meist befassen sich die Schreibenden wissenschaftlich oder als Aktive in einer zivilgesellschaftlichen Gruppierung mit dem Themenkomplex. Und so trifft meist zu, was einleitend als eines der editorischen Ziele angegeben wird: dass hier ›Internationalismus‹ und Solidarität nicht ›abstrakte Plattitüden‹ bleiben.

In einem Kapitel über ›klimabedingte Migration‹ wird grundsätzlich nach Visionen zur Lösung dieses rund um den Globus für viele Bevölkerungsgruppen akuten Problems gefragt. Die starke Formel dazu lautet, ›das Recht zu bleiben und das Recht zu gehen‹ müssten gleichzeitig angegangen werden. Zwar haben die sozialen, ökologischen und politischen Schutzmechanismen, um ein würdevolles Leben in der Heimat zu sichern, die Priorität. Doch wo dies nicht gewährleistet ist, müssen auch Fluchtwege geöffnet werden. Derzeit, so wird etwa mit Bezug auf Studien zur Situation in Malawi festgestellt, scheine der Klimawandel eher bestehende Migrationsbarrieren zu verstärken. Das gilt ebenso für die Pazifikregion. Ein in Fidschi für Oxfam tätiger Berater will denn auch die betriebene ›Entwicklungspolitik neu denken‹. Wieder werden Corona-Massnahmen und kommende Klima-Herausforderungen in Verbindung gebracht. Bei jeder Entscheidung, jedem Projekt sei zu fragen, wer daran verdiene, ob es dem Wohlergehen der gesamten Bevölkerung und deren Umwelt diene. Für diese Umorientierung müssten sie auch ihre ›indigenen Werte und Prinzipien wieder neu erlernen‹, wegkommen von der Förderung von Wettbewerb, Individualismus und materialistischem Wohlstandsdenken. […] «– Hans Steiger, Infosperber, 11. Juli 2022

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