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UNRAST VERLAG Pressestimmen ‘Wer Beton sät, …’ auf ‘blickpunkt-lateinamerika.de’


‘Mexiko als Schweizer Käse?

Vorstellen möchte man sich das lieber nicht, doch für rund 20 Prozent des mexikanischen Territoriums sind bereits Bergbaulizenzen vergeben. Man müsste das also doch einmal zu Ende denken. Und dann? Der Journalist Luis Hernández Navarro hat ein lesenswertes Buch über die Umweltbewegung seines Landes geschrieben, das jetzt auf Deutsch erschienen ist.

Natürlich ist in diesem Buch nicht von Schweizer Käse die Rede, aber Navarro bringt es bei seiner Berliner Lesung mit dieser Metapher auf den Punkt: Es geht dem 1955 geborenen Journalisten und Autor mit seinem Buch darum, einmal zusammenzubinden, was sonst in Einzelmeldungen über Kämpfe gegen Mega-Staudämme, ermordete Umweltaktivisten oder verseuchtes Wasser unterzugehen droht: Es gibt eine „Umweltbewegung von unten“ in Mexiko. Und es gibt ein Gesamtbild der Umweltzerstörung, das ebenso selten in seiner ganzen Dimension aufscheint. Dazu gehört eben auch der Fakt, das ein Fünftel des Landes auf der Suche nach Bodenschätzen unterhöhlt werden kann.

Waldschützer, Huicholes und Obstbauern

Der Journalist Navarro, der heute Redakteur der Kommentarseite bei der linken mexikanischen Tageszeitung „La Jornada“ ist und nie aufgehört hat, auch ein Aktivist zu sein, der beispielsweise während der 1970er Jahre die Gründung unabhängiger Gewerkschaften in Mexiko vorantrieb und derzeit ein symbolisches Tribunal der Völker (TPP) mitorganisiert, bei dem selbstverständlich auch die Umweltzerstörung Thema ist – er unterstreicht, dass der Raubbau an der Umwelt verschwindet hinter all den grausigen Meldungen über den so genannten „Drogenkrieg“, hinter 60.000 Toten, abgehackten Köpfen, Massengräbern von Migranten und illegalen Tunneln in die USA.

Was ist dagegen schon die Geschichte von Bauern, die sich im Bundesstaat Morelos dagegen wehren, dass ihre Obstplantagen zu Bauland werden sollen? Was der Bericht über den Tod von Aldo Zamora, der den Wald schützen wollte und deshalb erschossen wurde? Den Kampf der Huichol-Indigenen um ihr Territorium?

Schock in kleinen Häppchen

Der Autor hat sich viel vorgenommen mit dem Ansinnen, die Zerstörung der Umwelt, den Protest gegen diese Zerstörung und die Repression gegen diesen Widerstand in einem Buch zusammenbinden zu wollen. Doch es gelingt. Denn Navarro erzählt in den voneinander unabhängigen Artikeln des Buches, die bestimmten Kapiteln zugeordnet sind, Sequenzen eines Gesamtbildes. Es sind gut verständliche, kurze und abwechslungsreiche Texte: eindringlich, faktenreich eingebettet und mitunter auch herrlich polemisch. So kann der Leser sich den Schock über das gigantische Ausmaß von Willkür und Umweltzerstörung langsam anlesen. Kreuz und quer Geschichten auswählen. Allerdings steht – ohne als Einleitung gekennzeichnet zu sein – zu Beginn ein Text, der grundlegend ausführt, welche globale und regionale Entwicklung zu den heutigen Szenarien führte. Diesen Artikel sollte man tatsächlich besser zuerst lesen.

Viele der im Buch versammelten Artikel sind ursprünglich als Zeitungslektüre für ein mexikanisches Publikum entstanden und überarbeitet worden, zunächst für die vergangenes Jahr erschienene spanischsprachige Originalausgabe „Sembra de concreto, cosecha de ira“ und nun noch einmal für die deutsche Ausgabe. In Letzterer gibt es sorgfältig gesetzte Fußnoten, die viele Hintergrundinformationen liefern sowie ein Glossar. Für all jene die keine Mexikokenner sind, wären jedoch Karten für die geografische Verortung gut gewesen, gerade weil oft von entlegenen ländlichen Gebieten die Rede ist.

Wie weit sind wir davon weg ?

Aus dem Buch wird deutlich, dass die mexikanische Umweltbewegung von unten ein Kampf von Menschen um ihr Überleben ist – das ist wörtlich zu nehmen: viele erhalten Morddrohungen, anderen stellt sich die Frage, wovon sie sich ernähren sollen, wenn ihre Umwelt verseucht ist. Oft sind es Menschen, die mit ihren Aktionen keiner politischen Linie folgen oder einer Ideologie nachhasten. Es ist auch kein Kampf einer privilegierten Mittelschicht, die sich solch ein Engagement als Hobby leistet. Es sind existentielle Fragen, die zum Handeln zwingen. Wie weit sind wir davon eigentlich weg? Hier, in Europa und in Deutschland?’

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