»Die Diplom-Psychologin Martina Tißberger folgt in ihrer nun als Buch erschienenen Promotionsschrift in Judith Butlers dekonstruktiver Lesart dem Unbewussten in der Psychoanalyse. Sie enttarnt Siegmund Freuds Allegorisierung der weiblichen Sexualität als einen ›dunklen Kontinent‹ in ihrem Zusammenhang zwischen Rassismus und Sexismus, die sich insbesondere im expansiven Kolonialismus verkreuzen.
Durch die Untersuchung wird sichtbar, dass in der Moderne dabei ›nicht entscheidend ist … , ob ein Land kolonisierte, kolonisiert wurde oder direkt in den transatlantischen Sklavenhandel verwickelt war, sondern dass der ganze Globus vom ‚kulturell Symbolischen’ des Imperialismus und Kolonialismus und seinen rassistischen Codes überzogen wurde‹. Die in der Moderne entstehende Episteme transportiert in ihrem theoretischen Unbewussten eben dieses kolonisierende Wissen über vermeintliche ›Rassen‹ und eine vorgeblich spezifische ›Weiblichkeit‹, das konstitutiven Ausschlüssen zugrunde gelegt wird. Diese verursachen gleichzeitig ein Unbehagen in und mit der weißen Kultur, gewissermaßen eine ›Nervosität des Weißseins‹, in der Tißberger den möglichen Ansatzpunkt für die Destabilisierung der unhinterfragten Whiteness sieht, die den unbewussten Kern von Rassismen bildet. Eine wichtige, kluge und gut lesbare Studie, die das ›weiße‹ Selbstverständnis und dessen rassistische Matrix zu erschüttern sucht, was der Autorin durchaus gelingt.«
Andrea Kremser, WeiberDiwan, Sommer 2014