Rezensionen zu ›Losarbeiten – Arbeitslos?‹

UNRAST VERLAG Pressestimmen Rezensionen zu ›Losarbeiten – Arbeitslos?‹

‘Ganz im Sinne eines postmodernen Theorienpluralismus (…) versucht das Buch dabei ein möglichst breites Spektrum an Ansätzen zu dem Thema zu vereinen. (…) Besonders spannend ist dabei, dass in den Kapitel-Editorials die einzelnen Ideen sowie die politische Herkunft der AutorInnen umrissen werden. Die Lesenden können sich dadurch einen besseren Einblick in die impliziten Annahmen und die unausgesprochenen Voraussetzungen der jeweiligen Ausführungen verschaffen. Dem Anspruch der in Beziehung gesetzten Vielfältigkeit wird ‘Losarbeiten–Arbeitslos?’ dabei durchaus gerecht, der politisch korrekte Relativismus mutet jedoch teilweise schon fast übertrieben. Mutig ist auch der Versuch, sich über die Kritik hinauszuwagen und Alternativen zu skizzieren, wie z.B. im Beitrag von Alfred Fresin. Dies trägt dazu bei, Sachzwänge und die angebliche Alternativenlosigkeit der heutigen Entwicklung als Dogmen zu demaskieren – ein Grundanliegen dieses Buches.’

Progress 1, 2006

 


‘Es ist ein ganz ausgezeichnetes Buch! Und mit diesem Urteil bin ich nicht alleine (…) ‘Losarbeiten–Arbeitslos?’ ist für mich ein wichtiges Buch zu einer der Grundfragen unseres Lebens.’

SOL 123, Walther Schütz, 2006

 


‘Eine ausführliche Ein- und Ausleitung sowie Zwischeneditorials zu jedem der vier Kapitel von Seiten des Mitherausgebers Andreas Exner vervollständigen den Band. Exner leistet dabei das, was in den Texten leider ausgespart bleibt, nämlich eine explizite Inbeziehungsetzung der unterschiedlichen Ansätze, Problemanalysen und Lösungsvorschläge. Von zentraler Bedeutung ist dies nicht zuletzt insofern, als die politischen und theoretischen Traditionen, in denen sich die einzelnen AutorInnen verorten, nicht bloß heterogen sind, sondern vielfach sogar in Widerspruch zueinander stehen (…). An Beispielen wie diesem zeigt sich, dass es Attac an einem erkennbaren politischen Profil nach wie vor mangelt, insofern die für einen politischen Akteur dieser Art durchaus relevante Klärung einiger grundsätzlicher Positionierungen – etwa das Verhältnis zum Staat oder das eigene Emanzipationsverständnis betreffend – nach wie vor aussteht. Jenseits dieser sich auch durch das Buch ziehenden Leerstelle aber bietet der Band einen durchaus empfehlenswerten Einstieg in die Debatten um das Thema Arbeit. Erfreulich ist dabei nicht zuletzt das breite, nicht bloß den Bereich der Lohn-, sondern auch jenen der Reproduktionsarbeit mit einbeziehende Verständnis von Arbeit, wie es gerade in den zahlreichen feministischen Beiträgen des Bandes vertreten wird. Und dass die MitherausgeberInnen von Attac kein Problem mit Texten hatten, in denen auch sie selbst beziehungsweise Einzelne aus ihren Reihen – mal expliziter, mal eher unter der Hand – ihr Fett abbekommen, muss ihnen in jedem Fall positiv angerechnet werden.’

Malmö 29, Markus Griesser, 2005.

 


‘Eine bemerkenswerte aktuelle Neuerscheinung zu einem brennenden sozialen Gegenwartsthema (…) Die Autoren sind sich bei ihrer Skizzierung von Lösungsperspektiven und -ansätzen bewusst, dass gesellschaftliche Alternativen nicht am Reißbrett entstehen, sondern durch öffentliche Debatten und politische Praxis. Deshalb trägt die Bandbreite der Beiträge im Buch dem heterogenen Meinungs- und Richtungsspektrum in den globalisierungskritischen Strömungen Rechnung. (…) Das interessanteste Kapitel ist zweifellos das dritte mit der Skizzierung von Lösungsvorschlägen. Wie wird menschliche Tätigkeit in einer künftigen Gesellschaft organisiert, und welche Eigenschaften muss eine solche Gesellschaft der Zukunft haben?’

Das Goetheanum 11, Wilhelm Neurohr, 2006

 


‘Es bietet einen breiten Überblick über verschiedene Zugänge und Ansichten zur `Krise der Arbeitsgesellschaft`, die so unterschiedlich sind wie die AutorInnen selbst. Besonders spannend ist es, die Artikel vor dem Hintergrund der jeweiligen theoretischen Brille der Person zu lesen, die ihn geschrieben hat. Möglich wird dies durch eine kurze Beschreibung der Ideen und Einstellung der AutorInnen in den vier `Kapitel-Editorials`. Diese bieten auch eine inhaltliche Klammer und machen aus dem Buch weit mehr als eine simple Ansammlung einzelner Artikel.’

Graswurzel 4, 2005.

 


‘Ein Vorteil von Sammelbänden kann darin bestehen, daß innerhalb einer Debatte entscheidende Fragen und markante Trennlinien deutlich werden. So zeigt sich beim Lesen dieses Buches etwa, daß der Begriff ‘Arbeit’ ganz unterschiedlich verstanden wird. Entsprechend unterscheiden sich die Analysen. (…) Hinsichtlich der Perspektiven ist somit eine gewisse Ratlosigkeit zu spüren. Wer hätte anderes erwartet? Eine tiefgründige theoretische Analyse zur Krise der Arbeitsgesellschaft ist in diesem Band nicht zu finden. Das will und kann dieses Buch, das sehr unterschiedliche Perspektiven präsentiert, auch kaum bieten. Was es bietet, sind kurzweilig zu lesende Ansätze, von denen manch einer zur weitergehenden Auseinandersetzung anregt.’ aus: Junge Welt vom 30.1., Christian Lauk, 2006.

 


‘Die in allen westlichen Industriegesellschaften derzeit praktizierte Arbeitsgesellschaft kritisch beleuchten soll das Buch ‘Losarbeiten – Arbeitslos?’. Herausgeber des Werkes ist die globalisierungskritische Organisation Attac. Das Spektrum der Beiträge ist sehr breit gefächert, es reicht vom Keynesianismus bis zum Marxismus. Mit seinem Plädoyer für Wirtschaftswachstum steht Markus Marterbauer, Konjunkturexperte des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo), fast allein auf weiter Flur. Wachstum führe zu mehr Beschäftigung, meint er. Die Autoren des Werkes sind mehrheitlich der Ansicht, dass der Arbeitsgesellschaft in Wirklichkeit nicht die Arbeit ausgeht, sondern lediglich die bezahlte Arbeit. Dass Arbeit in der Familie (wie beispielsweise die Erziehung von Kindern und die Pflege kranker und vor allem alter Angehörigen) aus der Ökonomie ausgenommen sind, falle jetzt nur deshalb stärker auf, weil auch Männer zunehmend schlecht bezahlte, prekäre Jobs hätten oder gar arbeitslos seien, meint etwa die Soziologin Christa Wichterich. Der Kapitalismus an sich sei nicht in der Krise, glaubt der Politikwissenschaftler Michael Heinrich: Er ziele ja nicht primär auf Vollbeschäftigung, sondern auf Profit, und darin sei er erfolgreich.’

Die Presse vom 5.12., Beate Lammer, 2005.


 

Rezension von Ronald Blaschke
02.04.2006
Eine kürzere Fassung erschien im ND

Die Sammlung von Texten hat es in sich. Vom Keneysianer bis zu linken AutorInnen feministischer, marxistischer, wertkritischer, subsistenzwirtschaftlicher und operaistischer Orientierung wird das Thema Krise der Arbeitsgesellschaft diskutiert. Einige der 21 AutorInnen stellen das Thema explizit in Bezug zu Globalisierungsprozessen. Ein selten breites, in einem Buch vereintes Spektrum gegenwartskritischer Denk- und Theoriebeiträge.
Das Buch unterteilt sich in vier, vom Mitherausgeber Andras Exner kenntnisreich eingeleitete Abschnitte. Im ersten Abschnitt werden krisenhafte Prozesse in der Gesellschaft, in der die Arbeit im Zentrum von Ideologie, Vergesellschaftung und Lebenssicherung steht, aus unterschiedlichen Blickwinkeln diskutiert. Im Spannungsfeld der Diskussion befinden sich die an Marx orientierte Analyse des globalen Konkurrenzkapitalismus und ein an Keynes geschultes Krisen- und Problemlösungsverständnis. Die einen verstehen die derzeitigen krisenhaften Prozesse am Arbeits- und Kapitalmarkt als Ausdruck einer bestimmten historischen Erscheinung der Umstrukturierung von Ausbeutung und Profitproduktion. Sie behaupten darüber hinaus, dass eine linke Partei in Regierungsverantwortung heute immer wieder zu einer am Kapital orientierten Politik zurückkehren muss. Die anderen versuchen dagegen darzulegen, dass durch einen Staatsinterventionismus die kapitalistischen Arbeits- und Sozialverhältnisse zu regulieren seien. Deutlich wird, dass der Keynesianismus die Fragen der Globalisierung und der geschlechterspezifischen Arbeitsteilung, der drohenden ökologischen Katastrophe und der Sinnhaftigkeit der Arbeit nur unzureichend oder gar nicht beantwortet. Ebenso wird von ihm die marxsche Frage nach der Befreiung vom materiellen und ideologischen Herrschaftsverhältnis Arbeit ausgeblendet.
Im Abschnitt ‘Der Krisenalltag. Leiden als ‘Chance’? werden Verarmungsprozesse und die Leiden der Menschen an der sich krisenhaft wandelnden Arbeitsgesellschaft aufgezeigt. Prozesse, die nicht nur das Monetäre, sondern die das ganze Subjekt mit seiner Leiblichkeit, Psyche und Sozialität betreffen. Das Leiden verstärkt sich um so mehr, desto nachdrücklicher nicht nur die Ware Arbeitskraft sondern der ganze Menschen als Ware vom Markt verlangt wird und die Marktüberflüssigen zu schutzlosen Almosenempfängern und Billiglöhnern entwürdigt werden. Von den AutorInnen werden politische Vorschläge der Verwandlung des Leidens an dem Prinzip Arbeit in befreite Formen des Tätigseins unterbreitet. Wie kann aber aus unterschiedlichen Leidenserfahrungen eine gemeinsame Vision der Befreiung in und von der Arbeit politisch handlungswirksam werden?
Der dritte Abschnitt ‘Was zu tun ist’ enthält Beiträge, die auf Formen des Wirtschaftens und Lebens jenseits neoliberaler und keynesianischer Prägung verweisen. Eine emanzipatorische Politik muss sich am ‘guten Leben’, an den wirklichen Bedürfnissen der Menschen und der Natur orientieren, nicht an Profit- oder Markterfordernissen oder an Arbeit und Konsum als sich gegenseitig bedingende Selbstzwecke. Leider fehlt ein Beitrag, der für die Beantwortung der gestellten Frage den Marx der ‘Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie’ und dessen Vorbild Aristoteles entdeckt. Die Antwort könnte nämlich dann lauten: Eine emanzipatorische Politik hat die freie und solidarische Verfügung aller über das eigene Leben und über die eigene Lebenstätigkeit zum Ziel. ‘Der Augenblick des großen Lachens entspringe aus überstandener Mühsal und aus dem Gelingen einer selbstgesetzten Aufgabe zum eigenen Nutzen und zum Wohle Anderer’, beschreibt Marianne Gronemeyer prosaisch die gewollten Folgen solcher Politik.
Der letzte Abschnitt des Buches vereint AutorInnen, die die Bedeutung der Globalisierungs- und Arbeitskritik für die Kämpfe der sozialen Bewegungen reflektieren und politische Richtungsforderungen formulieren.
Ein spannendes, zur Diskussion herausforderndes Buch.’