neues deutschland über ›Kunst und Kampf‹

UNRAST VERLAG Pressestimmen neues deutschland über ›Kunst und Kampf‹

»Ein linker Wanderprediger – Bernd Langers Autobiografie berichtet über Kunst und Kampf

Schon die Einordnung des Buches ist schwer. Geschichtsbuch? Kunstbuch? Biografie? Eigentlich alles, aber es ist vor allem ein Ich-Buch. Bernd Langer beschreibt sein Leben und seinen Versuch, Kunst in der radikalen Linken zu etablieren, einer Szene, die sich seit den 1980er Jahren vor allem aus dem Widerspruch zum herrschenden System definierte. Alte Nazis waren in Politik und Gesellschaft omnipräsent. Lehrer, Großeltern, Manager, Bundeswehr, Polizei etc. waren sich einig, die Verantwortung für die mörderische Vergangenheit nicht zu übernehmen. Die Jugend begehrte militant auf, machte ihrem Unmut auf der Straße Luft.

Bernd Langer wuchs in dieser Zeit des Aufbruchs auf. Aber während viele sich auf freie Liebe, Punkkonzerte und Biertrinken konzentrierten, bezog der Junge aus dem beschaulichen Bad Lauterberg früh politische Position. Damit stieß er auf Unverständnis in der bürgerlichen Welt. Auch in der linksradikalen Szene eckte er an. Nicht unbedingt wegen seiner Sicht auf die Welt, sondern mit seiner Kunst. Ausgerechnet einer Szene, die Theorie ablehnte, hoch emotional agierte und endlich ›mal einen tanzenden Stern gebären wollte‹, versuchte er Kunstverständnis näher zu bringen.

›Die Kunst geht weiter‹ heißt für ihn, sie auch als propagandistisches Mittel einzusetzen. Seine Werke – Bilder wie Plakate – durchziehen Motive wie militante Autonome, Knüppel und Steine. Dem gegenüber, als antagonistisches Prinzip: Polizisten, Hakenkreuze, Kapitalisten. Konfrontation, Schlägereien, Revolution – seine Darstellungen gelten vielen als martialisch. Für den Künstler sicher keine Kritik, er verstand sich als militanter Antifaschist.

›Im Widerspruch liegt das kreative Potential‹, ist sein Credo. Konformität war nie sein Ziel. Die Ich-Perspektive ist seine Richtschnur, die Revolte sein Weg, er greift seine eigenen Themen auf. Schon in jungen Jahren protestierte er im Heimatort gegen das Hermann-von-Wissmann-Denkmal. Damals noch von Ewiggestrigen verehrt, gilt der Kolonialtruppenführer heute als Hauptakteur ›eines der schlimmsten Verbrechen der deutschen Kolonialgeschichte‹ in Afrika.

Später beschäftigte sich Langer mit den revolutionären Künstlern im Deutschen Reich, den mitteldeutschen Aufständen und der Geschichte der antifaschistischen Bewegung. Dabei war er immer auf der Suche nach der historischen Wahrheit. So stellt er beispielsweise die bewaffnete Selbstbefreiung des KZ Buchenwald in der Form der DDR-Geschichtsschreibung in Frage, ohne allerdings seinen antifaschistischen Standpunkt zu verwischen oder gar rechten Revisionisten das Wort zu reden. Der radikalen Linken schuf er Plakate, Bilder und das allgemein verbreitete Symbol der ›Antifaschistischen Aktion‹. Sein Leben widmete er der Politik, nicht der Karriere oder der Familie.

Das Buch ließe sich in drei Teile aufteilen. 1. Der junge Bernd sucht seinen Weg als Antifaschist und Künstler. 2. Die Zeit der Agitation und Propaganda in der Göttinger Gruppe ›Autonome Antifa (M)‹. 3. Die Suche nach historischer Wahrheit in Büchern und Bildern.

Seine persönliche Geschichte ist die der linksradikalen Bewegung. Er ist darin der Künstler und Antifaschist, der nie aufgegeben hat. Dass er von Göttingen nach Berlin wechselte, ist darin nur konsequent. Nur dort konnte mit seiner Identität überleben.

 

Langers jüngste Jahre sind geprägt von Veranstaltungen und Ausstellungen. Das Kollektivmitglied von ›Kunst und Kampf‹ wandelte sich zum ›linksradikalen Wanderprediger‹. Während früher die meisten seiner Kunstwerke politische Aussagen hatten, tauchen jetzt auch neue Zwischentöne auf. Zu dem Bild ›Landschaft an Ufern‹ schreibt er: ›Das Gemälde entstand einfach aus sich heraus, ohne Zweckbestimmung. In die damit erreichte Vieldeutigkeit könnte man viel hineingeheimnissen – oder eben auch nicht. Die Kunst ist frei, wie die Liebe.‹ Frei wie auch Bernd Langer, möchte man ergänzen.« – Horst Schöppner, nd, 26. November 2017