»Holger Schatz beschreibt die Sozialreformen als verbissene Leugnung des Zufalls. (…) Zur Last des Scheiterns gesellt sich meist auch noch der Vorwurf, es selbst verschuldet zu haben. So gesehen hat für manch Arbeitslosen der Besuch von Woody Allens ›Match Point‹ derzeit sicher etwas Tröstliches. Ein verstörender Film über die Hoheit des Zufalls, der am Ende sogar einen Mord ungesühnt lässt. Weil der Zufall zuvor im Film aber auch der Welt von Geld und Arbeit seinen Rhythmus aufzwingt, denkt man daran, einer plumpen Widerlegung des Leistungsprinzips beizuwohnen, jener bürgerlichen Hoffnung und Behauptung zugleich, ein jeder sei seines eigenen Glückes Schmied. Rechtzeitig jedoch − auf seine steile Berufskarriere angesprochen − liefert der Hauptprotagonist eine präzise Definition von Erfolg: Es komme durchaus auf Leistung an, doch nur im Sinne einer notwendigen Bedingung. Die hinreichende Bedingung für den Erfolg obliege dem Zufall. Bei Schatz hat sich jedoch die strukturelle Aporie des Leistungsprinzips zu dessen Krise verdichtet, die aber im Rahmen eines ›gesamtgesellschaftlichen Verblendungszusammenhanges‹ geleugnet werden muss. Zumindest, solange an einer derart unvernünftigen und desaströsen Form der Reichtumserzeugung und -verteilung festgehalten werden soll, wie sie der Kapitalismus in den Augen von Schatz darstellt. Auf diesen Voraussetzungen − die grundlegende Bedeutung des Leistungsprinzips einerseits sowie dessen Zerfall andererseits − baut nun die eigentliche These der Untersuchung auf: die einer ›neoliberalen Rekonstruktion des Leistungsprinzips‹. Damit ist nichts anderes gemeint, als dass der neoliberale Diskurs im Allgemeinen und der Untersuchungsgegenstand ›aktivierende Arbeitsmarktpolitik‹ im Besonderen Reaktionen auf diese Krise darstellen. Mit dieser spekulativ anmutenden These grenzt sich Schatz bewusst von Ansätzen ab, welche die Reformpolitik einzig unter Kostenaspekten analysieren. (…) Gleichwohl überzeugt die Argumentation in ihrer radikalen Zuspitzung: Jeder habe das Urteil zu akzeptieren, das der Markt ausspricht. Dies ist die autoritäre Quintessenz der ›Reform‹, die freilich Übergänge benötigt.« − Sarah Martens, express 2/2006, S. 16