junge Welt über ›Kleine Geschichte der Kriegsgegnerschaft‹

UNRAST VERLAG Pressestimmen junge Welt über ›Kleine Geschichte der Kriegsgegnerschaft‹

»Geschichte von unten:
Ein Comic über Entstehung und Verfassung der Friedensbewegung

Kann man Comics der politischen Literatur zurechnen? Aber selbstverständlich – es kommt nur auf die Inhalte an. In diesem Fall handelt es sich um einen schmalen Band mit antimilitarischen Illustrationen des Zeichners Findus. Der Friedensaktivist Michael Schulze von Glaser liefert die Texte dazu. Beide wollen vor allem jüngere Leser mit der Geschichte der antimilitaristischen Bewegung in Deutschland vertraut zu machen und sie für eine Mitarbeit zu gewinnen.

Schulze von Glaser setzt die Entstehung der deutschen Friedensbewegung auf das Jahr 1815 an – es ist die Zeit der Schlacht von Waterloo und dem Ende der napoleonischen Kriege. Wobei es Antikriegsaktivitäten mit Sicherheit schon lange vorher gab – aber da ist die Quellenlage eher dürftig. Im 19. Jahrhundert entstanden jedenfalls erste Friedensgesellschaften. Nach Erscheinen des Romans „Die Waffen nieder“ der damals bekannten Autorin Bertha von Suttner, die als erste Frau 1905 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, erlebte die Antikriegsbewegung in Deutschland ab 1889 einen starken Aufschwung. Kurze Abschnitte des Bandes beleuchten in verständlicher Form die unterschiedlichen Auffassungen der bürgerlichen, der marxistischen und der anarchistischen Antikriegsbewegung. Eindrucksvoll ist die Schilderung der Massenschlächtereien des Ersten und des Zweiten Weltkrieges und des Widerstandes dagegen. Die Abschnitte zum Korea- und zum Vietnamkrieg sind hingegen etwas verkürzt. Auch merkt man den Autoren ihre West-Sozialisation deutlich an – ganze zwei Seiten thematisieren sie die Friedensbewegung in der DDR. Dabei ist Antikriegsprägung der Mehrheit der DDR-Bevölkerung bis heute aus Meinungsumfragen in Ost und West deutlich ablesbar. Und bei den im Band ebenfalls geschilderten Demonstrationen und Aktionen gegen den Golfkrieg von 1991, den Jugoslawienkrieg von 1999, den Afghanistankrieg von 2001, den Irakkrieg von 2003 sowie gegen diverse militärische Überfälle konnte die deutsche Antikriegsbewegung ganz besonders auf dieser Ostsozialisation aufbauen.

Abgesehen von solchen Details: insgesamt ein gelungenes Buch. Hervorragend geeignet als Geschenk für die lieben Kleinen, die (hoffentlich) den Rattenfängern der Bundeswehr nicht auf den Leim gehen, die Antikriegsarbeit ihrer Eltern und Großeltern einmal fortsetzen werden. Diverse Beispiele, wie man in unserer Gegenwart antimilitaristisch aktiv werden kann, runden das Werk auf den letzten Seiten ab. Und dass Karl Marx in dem Bändchen einmal persönlich auftreten und einen wichtigen Kommentar abgeben durfte, würde ihm mit Sicherheit gefallen.« – Gerd Bedszent, junge Welt, 30. Januar 2017