iz3w über ›Gold, Öl und Avocados‹

UNRAST VERLAG Pressestimmen iz3w über ›Gold, Öl und Avocados‹

»Rund fünfzig Jahre nach Erscheinen des Standardwerks der Dependenztheorie Die offenen Adern Lateinamerikas von Eduardo Galeano legt der Journalist Andy Robinson eine Bestandsaufnahme der Ausbeutung natürlicher Ressourcen des Kontinents vor. Während Galeanos Manifest eine 500-jährige Geschichte (post)kolonialer Ausplünderung nachzeichnet, liegt Robinsons Fokus auf aktuellen Geschehnissen. In Gold, Öl und Avocados. Die neuen offenen Adern Lateinamerikas begibt er sich auf eine Reise durch den Kontinent und stellt in 16 kurzen Kapiteln jeweils eine natürliche Ressource anhand von Beispielen vor. Darin werden neben den ›alten Adern‹ wie Silber, Erdöl oder Bananen auch neuere Rohstoffmärkte wie der Abbau beziehungsweise Anbau von Lithium oder von Quinoa in Bolivien abgehandelt.

Durch die zahlreichen Stationen bleibt das Buch streckenweise zwar etwas oberflächlich, aber die Leser*innen bekommen einen guten Überblick in die Entwicklungen des Rohstoffsektors. Diskutiert wird dabei etwa das wirtschaftliche Phänomen ›Holländische Krankheit‹. Es gibt Aufschluss darüber, warum ein boomender Rohstoffexport die industrielle Entwicklung erschwert und warum sich viele Länder Lateinamerikas trotz des unglaublichen Ressourcenreichtums nach wie vor in einer postkolonialen Abhängigkeit befinden. Auch die seit den 2000er-Jahren linken Regierungen wie in Venezuela, Brasilien oder Bolivien konnten sich von diesem Modell nicht lösen und finanzierten ihre Umverteilungsprogramme durch einen ›desarrollistischen Extraktivismus‹ (von span. desarrollo = Entwicklung). Robinson erklärt diese Zusammenhänge gut zugänglich, in seinem Reisebericht mischt er Erzählungen über persönliche Begegnungen, Verweise auf das Werk Galeanos sowie weitere einschlägige Literatur. Gespickt wird dies mit Wortwitz und trockenem britischem Humor, etwa wenn Robinson Aussagen von Großunternehmen oder Politiker*innen kommentiert, wie eine Rede des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro zum ›Fetisch der brasilianischen Ultrarechten‹, dem Schwermetall Niob: ››Brasilien könnte eines der wohlhabendsten Länder der Welt sein. Sie alle kennen Silicon Valley; ich sehe in der Zukunft von Brasilien ein Niob Valley‹, verkündete er, ohne dass ihn jemand aus dem Publikum darauf hingewiesen hätte, dass es in Silicon Valley nicht mehr Silizium gibt als anderswo auf der Welt‹.

Auch wenn ein abschließendes vergleichendes Kapitel hilfreich gewesen wäre, liefert das Werk eine ausgezeichnete und gut lesbare Übersicht zu den gar nicht mal so neuen offenen Adern Lateinamerikas. «  – Felix Lang, iz3w Mai/Juni 2022

 

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