»In der gegenwärtigen kritischen Gesellschaftstheorie unterscheidet der Autor zwei Theorieschulen: Exzellenz- und Existenzkritik. Erstere prüft die sozialen Verhältnisse anhand von Normen – beispielhaft die Frankfurter Schule der Gegenwart (Habermas, Forst, Honneth). Letztere dient als Instrument zur Artikulation der Betroffenenperspektive – dort, im Feld der studies (postcolonial, gender, usw), verortet Kaloianov die kritische Migrationsforschung. Sie definiert Migration als soziale Lebensform und behandelt Diskriminierung, Subalternität, Verspätung, Gerechtigkeit und Assimilation. Ihre Position ist das „no-whereland“ bzw. „now-hereland“: Sie ist „atopisch“, hat keinen Platz – genau wie ihr Gegenstand. Kaloianovs realistische – fast fatalistische – Analyse lässt konkrete Solidarität mit Migrant*innen umso notwendiger erscheinen.«
Matthias Köberlein, Grenzwertig