»Mit ›Tipps und Tricks für Antifas‹ vom Kollektiv Schulterschluss ist ein neues, hinsichtlich der dortigen Tipps zum Umgang mit Polizei und Justiz schwieriges Büchlein erschienen. Vorweg: Es enthält einerseits durchaus sinnvolle Informationen für alle, die ganz am Anfang stehen und alles von Beginn an erzählt bekommen wollen, um eine Antifa- oder Antira-Gruppe zu gründen. Dass selbst die simpelsten Dinge der Vor-Ort-Organisierung heutzutage erklärt werden müssen, ist zu befürchten – und dort kann der Reader seine guten Dienste tun. Doch ob es auf Dauer reicht, wenn sich politische Arbeit in Gruppengründung, Plena, Mailinglisten, Demobesuch und Repressionsschutz erschöpft, darf bezweifelt werden. Insofern bietet der Reader keinerlei Ausweg aus dem Alltagstrott einer Antifa-Arbeit, die durch Auftritte der anderen Seite animiert wird. Besonders traditionell und damit autoritär wirkt das Kapitel zum Repressionsschutz. Neben sinnvollen Informationen übersteigert es den Befehlston und die absurden Widersprüch, die aus Gruppen wie Roter Hilfe schon seit Jahren kommen. Ab Seite 70 findet sich nach dem Hinweis, dass bei der Polizei nur die Angaben aus dem Personalausweis gemacht werden müssen, zunächst das übliche Kommando: ›Und das war’s dann aber auch maximal! Keinen Ton mehr! Nichts über Eltern, Schule, Firma, Wetter …; einfach: gar nix!‹ Wenige Zeilen später folgt das glatte Gegenteil: ›Nach der Festnahme hast du das Recht, zwei Telefonate zu führen. Am besten rufst du den Ermittlungsausschuss, bzw. eine_n Anwältin_Anwalt an. Wenn dir – was häufig passiert – der Anruf verweigert wird, nerv die Polizist_innen so lange, bis sie dich telefonieren lassen, droh mit einer Anzeige.‹ Wie geht das, ohne einen Ton zu sagen? Der Reader klärt das nicht auf, sondern macht einen Absatz weiter wieder die Rolle rückwärts: ›Jedes Wort nach deiner Festnahme ist eine Aussage!‹ Für die armen Betroffenen bringen solche Anweisungen nichts als Verunsicherung. Vor dem Kapitel ist daher ausdrücklich zu warnen – zumal in einem Reader, der sich an Menschen mit wenig Erfahrung richtet.« – contraste 393, Juni 2017