»Das Buch ›Lookismus‹ ist mit 86 Seiten als kleiner Sammelband in der Reihe ›unrast transparent‹ erschienen. Nach einer Einführung geht es im ersten Teil um eine multiperspektivische Betrachtung diskriminierender Mechanismen – um Abwertungen aufgrund von ›Körperfett‹, Behinderung, wegen der Körpergröße oder Transgeschlechtlichkeit. Im zweiten Teil werden Empowerment-Konzepte und -praktiken vorgestellt. Im Vorwort heißt es: ›Lookismus beschreibt also Diskriminierung von Personen, deren Körper von gesellschaftlich gesetzten Normen auf vielerlei Weise abweichen.‹
Bereits beim Übergang zur bürgerlichen Gesellschaft entwickelte sich ein neues Verständnis von Körpern und Körperlichkeit. ›Der Körper wurde zu einem Produkt, das individuell gestaltet und verbessert werden kann‹, so die Autor*innen Philippe Greif und Nadine Sarfert. Mit dem Neoliberalismus veränderten sich die Anforderungen an die Körper und Körperlichkeit noch stärker. Der Körper stellt nunmehr einen Rohstoff der Selbstoptimierung dar. Mit den Hartz-›Reformen‹ wurden zwar die Straf- und Kontrollmaßnahmen ausge-baut, es geht jedoch in erster Linie darum, die disziplinierende Instanz in die Individuen hinein zu verlagern. Die Betonung von Selbstkontrolle führt zu einer ›Individualisierung von gesellschaftlichen Problemlagen und hat eine Entproblematisierung sozialer Ungleichheit zur Folge‹, schreiben Greif und Sarfert. So passen Körper jenseits der gesellschaftlichen Schlankheitsnorm nicht zum Bild des flexiblen und leistungsfähigen sowie leistungsbereiten Menschen.
Die gesellschaftliche Konstruktion von ›Problemkörpern‹ und negative Klassenzuschreibungen gehen oftmals Hand in Hand. Die Mittelschicht ist heute zunehmend verunsichert, hat Abstiegsängste und grenzt sich von der ›Unterschicht‹ ab. ›Dick‹ – und damit ›faul‹ und ›dumm‹ – zu sein sei gleichbedeutend mit der Zugehörigkeit zur Unterschicht. Das körperliche Erscheinungsbild sei das Ergebnis selbst zu verantwortender Wahl. Vom Körper oder einzelnen Körperbereichen wird auf die Persönlichkeit, den Habitus, die Leistungsfähigkeit geschlossen – und umgekehrt. Mit der Stereotypisierung bestimmter Verkörperungen lassen sich einfache Feindbilder schaffen.
Der Körper stellt eine Arena für gesellschaftliche Kämpfe dar. Die Ablehnung hegemonialer Schönheitsnormen verkehre sich oft in eine szenespezifische Gegennorm, die nicht minder ausschließend und abwertend wirke, so Corinna Schmechel. Ein exemplarisches (Self-)Empowermentprojekt ist das ›Projekt L‹. Es befasst sich als eines der ersten in Deutschland im Internet (www.lookism.org) mit dem Thema Lookismus.« – Anne Seeck, contraste, 10.2017