»Frauen, Männer und beides
Nicht allein die Hierarchie zwischen Männern und Frauen, sondern die Einteilung der Menschheit in zwei Geschlechter ist das Problem. Denn eine Logik, die auf Entweder-oder aufbaut, ein Denken, das kein Dazwischen und keine Widersprüche kennt, ist nicht nur erkenntnistheoretisch fragwürdig, sondern bedeutet Gewalt. Ines Pohlkamp hat in ihrer Doktorarbeit nach dieser Gewalt gefragt: Sie sprach mit Menschen, deren Körper oder Auftreten weder klar männlich noch weiblich sind oder die von einem Geschlecht zum anderen wechseln. Sie analysierte das Erzählte mit Blick auf feministische und queere Einsichten sowie auf den Diskussionsstand in der Gewaltforschung. Mit seinen verständlichen Formulierungen ist das Buch auch für Nichtexpertinnen geeignet. Eine Gesellschaft, die nach Chirurgen ruft, wenn Babys nicht ins Hellblau-Rosa-Raster passen, in der Männer in Röcken mit Prügel rechnen müssen oder Intersexuelle mit Arbeitsplatzverlust, hat noch eine Menge Arbeit vor sich.«
Berliner Zeitung, Nr. 207, 5./6. September 2015