»Die Covid-Pandemie war eine große Vernichterin von Mythen. Ein solcher Mythos ist, dass fast alle Arbeiten heutzutage von Maschinen erledigt werden, es also keine menschliche Arbeitskraft mehr braucht. Nun wissen wir: Es sind die Schlachthäuser, die Logistikzentren, der gesamte reproduktive Bereich, die bei einem Ausfall menschlicher Arbeitskraft über Nacht zum Stillstand kommen. Und doch sind gerade diese Bereiche oft jene mit den grauslichsten Arbeitsbedingungen, den niedrigsten Löhnen und den längsten Arbeitszeiten. Das im Londoner Stadtteil Greenford angesiedelte autonome Arbeiter:innenkollektiv Angry Workers hat einen aus eigenen Erfahrungen entstandenen Erlebnisbericht über die Lebens-, Arbeits- und Widerstandsbedingungen genau dieses Teils der arbeitenden Klasse geschrieben. Es ist eine Innenansicht, wie sie im deutschsprachigen Raum selten zu finden ist. Es ist auch die Beschreibung eines sechsjährigen Organisationsversuchs. Die Frage, die die Angry Workers sich selbst und anderen beantworten wollen, lautet: Wie kann eine kämpferische Selbstorganisation lohnabhängiger Menschen funktionieren, ohne von Apparaten aus Parteien und Gewerkschaften abhängig zu sein, und ohne auf einen «linken Messias» wie Bernie Sanders oder Jeremy Corbyn zu vertrauen? Der von den Angry Workers vorgeschlagene Pfad der Selbstorganisation ist ein steiniger, und ohne Erfolgsgarantie. Gerade deshalb ist er diskussionswürdig.« – Chrisitan Bunke, Augustin Nr. 551, 3. Mai 2022